Altöl und kontaminierte Böden: Umweltaspekte bei Sanierung - effektive Methoden und aktuelle Entwicklungen
9 November 2025 0 Kommentare Lisa Madlberger

Altöl und kontaminierte Böden: Umweltaspekte bei Sanierung - effektive Methoden und aktuelle Entwicklungen

Wenn Altöl in den Boden sickert, bleibt es nicht einfach dort. Es wandert, verteilt sich, lagert sich an Partikeln an und belastet Grundwasser, Pflanzen und Tiere - oft jahrzehntelang. Das ist kein seltenes Problem. In Deutschland sind rund 35 % aller sanierungsbedürftigen Flächen von Ölverunreinigungen betroffen. Das sind nicht nur alte Tankstellen oder Werkstätten. Es sind auch ehemalige Raffinerien, Lagertanks, Industrieareale - Orte, an denen jahrzehntelang mit Öl umgegangen wurde, ohne an die Folgen zu denken. Heute wissen wir: Wer diese Flächen nicht sanieren lässt, gefährdet nicht nur die Umwelt, sondern auch sich selbst. Die gute Nachricht? Es gibt Lösungen. Und die besten davon arbeiten nicht gegen die Natur, sondern mit ihr.

Warum Altöl so schwer zu bekämpfen ist

Altöl ist kein einfacher Schmutz. Es besteht aus Hunderten unterschiedlichen chemischen Verbindungen, vor allem Mineralölkohlenwasserstoffen (MOK) und polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK). Diese Stoffe sind fettlöslich, extrem stabil und nicht wasserlöslich. Sie haften an Bodenteilchen, dringen tief ein und bilden eine Art ölige Schicht, die Luft und Wasser vom Boden abhält. Je länger das Öl im Boden bleibt, desto mehr zerfällt es in schwer abbaubare Bestandteile. Ein Wert von 5.000 mg/kg Trockenmasse gilt als stark kontaminiert - und solche Konzentrationen sind bei alten Tankstellen nicht selten. Normalerweise liegt der Grenzwert für gewöhnliche Flächen bei 500 mg/kg. Für Trinkwasserschutzgebiete ist er mit 50 mg/kg viel strenger. Wer hier nicht handelt, riskiert nicht nur Strafen, sondern auch langfristige Schäden an der Bodenfruchtbarkeit und dem Grundwasser.

Biologische Sanierung: Die natürliche Lösung

Das am häufigsten verwendete Verfahren heute ist die biologische Bodensanierung. Sie nutzt Mikroorganismen - Bakterien und Pilze - die natürlicherweise im Boden leben. Diese Mikroben fressen das Öl, als wäre es Nahrung. Sie zersetzen die MOK und PAK in Wasser, Kohlendioxid und harmlose organische Stoffe. Keine chemischen Lösungsmittel, kein heißer Dampf, kein Aushub. Einfach: mehr Luft, mehr Nährstoffe, mehr Zeit. Das ist nicht nur umweltfreundlich, es ist auch kostengünstiger. Während thermische Verfahren bis zu 400 Euro pro Tonne Boden kosten, liegt der Preis für biologische Sanierung bei 100 bis 150 Euro pro Tonne. Ein Unterschied, der bei großen Flächen millionenfach wirkt.

Die Technik dahinter ist einfach, aber präzise. Beim Bioventing-Verfahren wird Luft gezielt in den Boden gepumpt, um den Sauerstoffgehalt zu erhöhen. Mikroben brauchen Sauerstoff, um Öl abzubauen. Ohne ihn schalten sie ab. Die optimale Bodenfeuchte liegt zwischen 20 und 30 %, die Temperatur zwischen 15 und 25 °C. Zu kalt? Dann arbeiten sie langsamer. Zu trocken? Dann sterben sie. Deshalb wird die Sanierung nicht einfach losgelegt und dann vergessen. Sie wird überwacht. Mit Sensoren, die Feuchtigkeit, Temperatur und Sauerstoff messen - und bei Abweichungen automatisch reagieren.

Ein Fallbeispiel aus Köln zeigt, wie gut das funktioniert. Auf einer Tankstellenfläche von 500 Quadratmetern lag die Ölbelastung bei 12.500 mg/kg. Nach acht Monaten mit einem kombinierten Verfahren - Pflanzenöl zur besseren Verteilung des Öls im Boden plus Mikroorganismen - sank der Wert auf unter 500 mg/kg. Das ist unter dem Grenzwert. Und es geschah ohne einen einzigen Kubikmeter Boden auszubaggern.

Leuchtende Mikroben im Boden, die Öl abbauen, während Sensoren die Bodenparameter überwachen.

Was funktioniert nicht?

Biologische Sanierung ist kein Wundermittel. Sie hat Grenzen. Wenn das Öl tiefer als fünf Meter in den Boden gedrungen ist, wird es schwierig. Die Mikroben kommen nicht mehr an die Schadstoffe. Auch bei extrem hohen Konzentrationen - über 5.000 mg/kg - stoßen sie an ihre Leistungsgrenzen. Dann braucht es eine Kombination: Zuerst ein physikalisches Verfahren, um den Großteil des Öls zu entfernen, dann die biologische Sanierung, um die Reste abzubauen. Das ist kein Misserfolg. Das ist intelligente Planung.

Ein weiteres Problem: Homogenität. Wenn der Boden nicht gleichmäßig behandelt wird, entstehen „Tote Zonen“. Da bleibt das Öl unangetastet. Das Umweltbundesamt hat in 12 von 100 Sanierungsprojekten zwischen 2015 und 2020 genau das festgestellt: Nach der Sanierung waren noch immer Schadstoffe über den Grenzwerten - weil der Boden nicht richtig durchmischt wurde. Deshalb ist eine detaillierte Voruntersuchung Pflicht. Mindestens fünf Bodenproben pro 100 Quadratmeter. Nur so weiß man, wo das Öl wirklich liegt.

Pflanzen als Helfer - Phytosanierung

Nicht nur Mikroben, auch Pflanzen können helfen. Die Phytosanierung nutzt spezielle Pflanzenarten wie Sonnenblumen, Raps oder bestimmte Gräser. Sie nehmen Schadstoffe über die Wurzeln auf und lagern sie in Blättern oder Stängeln. Besonders effektiv ist das bei oberflächennahen Kontaminationen - bis zu einem Meter Tiefe. Pflanzen können auch die Bodenstruktur verbessern, indem sie Wurzeln bilden, die den Boden auflockern und Luft hineinbringen. Das unterstützt die Mikroben.

Ein besonderer Ansatz ist die Anwendung von Pflanzenöl. Es dient nicht als Schadstoff, sondern als Hilfsmittel. Wenn man 1.200 kg Pflanzenöl pro Tonne Boden einbringt, wird das Altöl aus den Bodenpartikeln gelöst und für die Mikroben zugänglich. Das ist kein Widerspruch - es ist ein Trick der Natur. Das Pflanzenöl ist leicht abbaubar, wirkt wie ein „Schmiermittel“ für die Mikroben und sorgt dafür, dass das Altöl nicht mehr an den Boden „klebt“. Die Voraussetzung? Eine gleichmäßige Verteilung. Sonst funktioniert es nicht.

Sonnenblumen und Raps mit Wurzeln, die Schadstoffe aufnehmen, unterstützt von digitalen Bakterien-Hologrammen.

Neue Technologien: Digitalisierung und genetisch optimierte Mikroben

Die Bodensanierung verändert sich. Sie wird smarter. In Linz hat eine Pilotanlage mit IoT-Sensoren gezeigt: Wer Bodenparameter kontinuierlich misst und automatisch anpasst, verkürzt die Sanierungszeit um 25 %. Sensoren messen Feuchtigkeit, Temperatur, Sauerstoff - und steuern die Belüftung, die Nährstoffzufuhr, sogar die Bewässerung. Das ist kein Science-Fiction. Das ist heute schon Realität.

Noch beeindruckender: Forscher am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Leipzig haben genetisch optimierte Mikroben entwickelt. Diese Bakterien sind speziell darauf trainiert, Schweröle abzubauen - die schwersten, widerstandsfähigsten Formen von Altöl. In Laborversuchen haben sie innerhalb von nur vier Monaten 92 % der Schadstoffe abgebaut. Das ist schneller als jedes bisherige Verfahren. Noch ist das nicht großflächig einsetzbar, aber die ersten Feldversuche laufen. In fünf Jahren könnte das die Norm sein.

Was kommt als Nächstes?

Die Zukunft liegt in der Kombination. Biologische Verfahren mit geotextilen Systemen, die Schadstoffe fixieren, während die Mikroben arbeiten. Mit Sensoren, die die Sanierung steuern. Mit Pflanzen, die nicht nur abbauen, sondern auch den Boden wieder aufbauen. Und mit immer besseren Mikroben, die schneller, widerstandsfähiger und spezialisierter werden.

Die Kosten werden sinken. Die Effizienz steigt. Und die Regulierung wird strenger. Die Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) schreibt vor: Mindestens drei Kontrollmessungen während der Sanierung, eine abschließende Prüfung nach 12 Monaten. Wer das ignoriert, handelt nicht nur unverantwortlich - er handelt rechtswidrig.

Die Sanierung kontaminierter Böden ist kein einmaliger Job. Sie ist ein Prozess. Ein Prozess, der Wissen, Geduld und Technik braucht. Aber auch: Verantwortung. Denn jeder Quadratmeter, der sauber wird, ist ein Quadratmeter, der wieder lebt. Und das ist mehr als nur Umweltschutz. Das ist Bodenwiedergeburt.

Wie lange dauert eine biologische Bodensanierung?

Eine biologische Bodensanierung dauert in der Regel zwischen sechs und zwölf Monaten. Die aktive Behandlungsphase beginnt nach einer Vorbereitungszeit von zwei bis vier Wochen. Die Dauer hängt von der Kontaminationsstärke, der Bodentemperatur, der Feuchtigkeit und der Art der Schadstoffe ab. Bei stark belasteten Flächen oder tiefen Kontaminationen kann es länger dauern. Thermische Verfahren sind schneller (2-4 Monate), aber viel teurer und weniger umweltfreundlich.

Kann man biologische Sanierung auch selbst durchführen?

Nein. Biologische Bodensanierung ist kein Heimwerkerprojekt. Sie erfordert spezialisierte Technik, Laboranalysen, professionelle Planung und streng dokumentierte Überwachung. Die Einhaltung der BBodSchV und AVV BBodSchG ist gesetzlich vorgeschrieben. Nur zugelassene Fachunternehmen dürfen solche Arbeiten durchführen. Selbstversuche führen oft zu unvollständiger Sanierung und rechtlichen Konsequenzen.

Welche Kosten entstehen bei einer Altölsanierung?

Die Kosten liegen je nach Verfahren zwischen 100 und 400 Euro pro Tonne Boden. Biologische Verfahren kosten durchschnittlich 100-150 Euro, thermische Verfahren 250-400 Euro. Bei großen Flächen (z. B. 1.000 m² mit 1 m Tiefe) können Gesamtkosten von 100.000 bis 400.000 Euro entstehen. Die Investition lohnt sich: Ein sauberer Boden erhöht den Grundstückswert, vermeidet Strafen und schützt das Grundwasser.

Gibt es Förderungen für Bodensanierungen?

Ja. In Österreich und Deutschland gibt es verschiedene Förderprogramme für Altlastensanierungen, besonders bei Tankstellen, Industrieflächen oder Gewerbeimmobilien. Die Förderung richtet sich nach der Art der Kontamination, der Fläche und dem verwendeten Verfahren. Biologische Sanierungen werden oft bevorzugt, da sie umweltverträglicher sind. Informationen dazu liefert das jeweilige Landesumweltamt oder das Bundesamt für Umwelt.

Was passiert, wenn man eine kontaminierte Fläche nicht sanieren lässt?

Wer eine kontaminierte Fläche ignoriert, handelt rechtswidrig. Nach der BBodSchV ist der Grundstückseigentümer verpflichtet, Schäden zu beseitigen. Wer nicht handelt, riskiert hohe Bußgelder, Zwangsvollstreckung, Haftung für Schäden am Grundwasser und eine Herabsetzung des Grundstückswerts. Zudem kann die Behörde die Sanierung veranlassen und die Kosten dem Eigentümer in Rechnung stellen - oft mit Zinsen und zusätzlichen Gebühren.