Barrierefreier Umbau im Wohnhaus: Anforderungen, Planung und Förderung
2 Dezember 2025 2 Kommentare Lisa Madlberger

Barrierefreier Umbau im Wohnhaus: Anforderungen, Planung und Förderung

Wenn du in deinem Zuhause älter wirst, eine Behinderung bekommst oder ein Familienmitglied auf Hilfe angewiesen ist, dann wird dein Wohnhaus plötzlich zu einem Ort, der nicht mehr passt. Treppen werden zur Herausforderung, die Türschwelle zum Stolperfall, der Badewanneneinstieg zur Gefahr. Ein barrierefreier Umbau verändert das nicht nur - er macht es wieder sicher, selbstständig und wohnlich. Es geht nicht darum, ein Krankenhaus einzurichten, sondern ein Zuhause zu schaffen, das dich und deine Liebsten in jeder Lebensphase trägt.

Was bedeutet barrierefrei wirklich?

Barrierefreiheit ist kein Modewort. Sie ist eine klare, messbare Norm: die DIN 18040-2. Diese Regelung sagt genau, wie Wohnungen aussehen müssen, damit Menschen mit Rollstuhl, Gehhilfe, Seh- oder Hörbeeinträchtigung sich frei bewegen können. Es geht nicht um Luxus, sondern um Grundrechte: das Recht, die Dusche allein zu nehmen, die Tür ohne Kraftaufwand zu öffnen, die Klingel zu hören, ohne jemanden rufen zu müssen.

Diese Norm gilt nicht nur für Neubauten. Sie ist in fast allen Bundesländern Teil der Landesbauordnung - also auch für Umbauten in bestehenden Wohnungen. Wenn du Fördergelder von der KfW oder der Pflegekasse willst, musst du sie einhalten. Keine Ausnahme. Kein „so geht’s auch“.

Die vier Grundregeln für jedes barrierefreie Zuhause

Jeder erfolgreiche Umbau basiert auf vier Säulen. Wenn eine fehlt, wird es schwierig - oder sogar gefährlich.

  • Schwellenfreiheit: Keine Stufen, keine Kanten, keine Übergänge zwischen Bodenbelägen. Das gilt für den Eingang, den Flur, das Bad - überall. Selbst 1 Zentimeter kann einen Rollstuhl blockieren oder einen älteren Menschen stürzen lassen.
  • Bewegungsräume: Mindestens 150 cm Durchgangsbreite in Fluren, 120 cm vor Toiletten und Waschbecken, 150 cm Durchmesser für Wendemanöver im Bad. Ein Rollstuhl braucht Platz, kein Gedächtnistraining.
  • Bedienbarkeit: Türklinken, Wasserhähne, Lichtschalter, Fensterhebel - alles muss mit der flachen Hand, mit einer Faust oder mit wenig Kraft zu bedienen sein. Keine drehbaren Griffe, keine kleinen Knöpfe. Einfach. Klare Formen. Gute Ergonomie.
  • Sicherheit: Haltegriffe an Wänden, rutschfeste Bodenbeläge, ausreichende Beleuchtung, keine Kabel, die über den Boden liegen. Und für Menschen mit Sehbehinderung: Kontrastreiche Farben an Treppen, Türen, sanitären Anlagen. Das ist kein Dekor - das ist Lebensrettung.

Der entscheidende Schritt: Die Bedarfsanalyse

Bevor du einen Bohrer ansetzt, musst du wissen, wer die Wohnung nutzt - und wie sich das in den nächsten 5, 10, 20 Jahren verändern könnte. Das ist der wichtigste Schritt. Viele machen den Fehler und bauen nur für den jetzigen Zustand. Das ist teuer und sinnlos.

Frage dich:

  • Benötigt jemand einen Rollstuhl oder Rollator? Wenn ja - wie oft, und wie viel Bewegung bleibt ihm noch?
  • Gibt es Seh- oder Hörprobleme? Dann brauchst du nicht nur breitere Türen, sondern auch Blinklichter an der Türklingel oder eine Sprachsteuerung für Licht und Heizung.
  • Wird jemand bald Pflege benötigen? Dann muss das Bad nicht nur barrierefrei sein - es muss auch für Pflegekräfte zugänglich sein: Platz für eine Liege, Handläufe an beiden Seiten der Dusche, eine höhenverstellbare Dusche.
  • Wird ein Kind mit Behinderung später einziehen? Dann muss die Planung flexibel bleiben - und das ist anders als für einen älteren Menschen.

Ein guter Architekt oder ein spezialisierter Bauberater kommt mit einem Fragebogen. Er misst, fotografiert, analysiert. Er sagt dir: „Das Bad lässt sich mit 15.000 Euro umbauen - aber die Tür zum Schlafzimmer musst du rausnehmen, sonst geht’s nicht.“ Das ist kein Risiko - das ist Realität.

Zugänglicher Eingang mit sanfter Rampe, breitem Weg und überdachtem Bereich für Rollstuhlnutzer.

Die kritischen Zonen: Bad, Treppen, Eingang

Nicht alle Räume sind gleich wichtig. Drei Bereiche entscheiden, ob der Umbau gelingt - oder scheitert.

Badezimmer: Der Dreh- und Angelpunkt

Hier passieren die meisten Unfälle. Deshalb ist es der erste und wichtigste Umbaupunkt.

Ein barrierefreies Bad hat:

  • Eine ebenerdige Dusche - kein Einstieg, kein Wannenrand. Mit einer Abflussrinne, nicht einer Mulde.
  • Haltegriffe an drei Wänden: neben der Toilette, an der Dusche, am Waschbecken. Nicht als Deko - als Stütze.
  • Ein Waschbecken, das unterfahrbar ist. Mit 70 cm Untersicht, damit man im Rollstuhl davor sitzen kann.
  • Ein WC mit seitlichem Abstand von mindestens 80 cm - für die Übertragung vom Rollstuhl.
  • Ein Spiegel, der schräg angebracht ist - damit man ihn auch sitzend sieht.
  • Heizkörper, die nicht im Weg stehen - und eine Fußbodenheizung, die nicht nur warm ist, sondern auch sicher.

Treppen: Wenn du sie nicht entfernen kannst

Viele Häuser haben Treppen - und sie zu entfernen ist teuer. Also: Mach sie sicher.

Empfehlung: Ein Treppenlift mit Sitz - nicht ein Schienensystem, das nur für kurze Strecken funktioniert. Die Laufbreite der Treppe muss mindestens 110 cm betragen. Breiter ist besser. Und: Zwei Handläufe. Einer reicht nicht. Ein älterer Mensch braucht zwei Punkte, an denen er sich festhalten kann - besonders wenn er müde ist.

Alternativ: Eine Rampe. Aber Achtung - sie braucht eine Länge von mindestens 1:12. Das heißt: Bei 30 cm Höhenunterschied brauchst du 3,6 Meter Rampe. Das braucht Platz. Und eine Abdeckung, damit sie im Winter nicht glatt ist.

Eingang: Der erste Schritt ins Zuhause

Ein Haus, das barrierefrei ist, aber einen Schwelleneingang hat, ist kein barrierefreies Haus. Der Eingangsbereich muss:

  • Schwellenfrei sein - idealerweise mit einer leichten Neigung von max. 2 %.
  • Einen breiten Weg haben - mindestens 120 cm, besser 150 cm.
  • Einen sicheren Boden haben: Beton, Fliesen, spezielle Gussasphalt-Beläge. Kies, Rasen, Holzdielen - nein. Sie rutschen, sie wölben sich, sie sind ungleichmäßig.
  • Einen überdachten Bereich haben - damit man bei Regen nicht nass wird, bevor man die Tür erreicht.

Kosten, Förderung und Finanzierung

Wie viel kostet das? Das ist die Frage, die dich am meisten beschäftigt. Die Antwort: Es hängt vom Haus ab - und von deinem Mut, tief zu greifen.

Ein paar Beispiele:

  • Türschwelle entfernen: 300-800 €
  • Einbau eines Treppenlifts: 8.000-15.000 €
  • Barrierefreies Bad komplett: 15.000-25.000 €
  • Einbau eines Wohnungsaufzugs: 30.000-50.000 €
  • Erweiterung des Eingangsbereichs: 10.000-20.000 €

Du musst nicht alles auf einmal machen. Aber du musst planen. Und du hast Anspruch auf Unterstützung.

Die KfW fördert barrierefreie Umbauten seit 2021 mit Zuschüssen von bis zu 10 % der Kosten - maximal 5.000 € pro Wohnung. Das ist kein Kleingeld. Und wenn du einen Pflegegrad hast, kannst du von deiner Pflegekasse bis zu 4.000 € Zuschuss für bauliche Maßnahmen bekommen - auch wenn du nicht im Pflegeheim bist, sondern zu Hause lebst.

Wichtig: Die Förderung wird nur gezahlt, wenn du die DIN 18040-2 einhältst. Und du musst vorher einen Antrag stellen - nicht danach. Keine Nachträglichkeit. Keine Ausreden.

Konzeptuelle Darstellung eines Hauses, das sich von barrierebehaftet zu barrierefrei entwickelt — für alle Generationen.

Was du vermeiden musst

Viele Menschen machen denselben Fehler - und zahlen dafür später mit Stress, Geld und Verzweiflung.

  • Nicht nur für heute bauen: Wenn du heute noch laufen kannst, heißt das nicht, dass du das in drei Jahren noch kannst. Baue für 10 Jahre - nicht für 10 Monate.
  • Nicht auf „das schafft der Handwerker“ vertrauen: Ein Bad-Handwerker kennt die DIN 18040 nicht. Ein Elektriker weiß nicht, wo Haltegriffe hinmüssen. Suche Fachleute, die speziell auf barrierefreies Bauen spezialisiert sind.
  • Nicht auf „es passt schon“ hoffen: Wenn die Tür 78 cm breit ist, passt kein Rollstuhl durch. Punkt. Kein „man kann das ja irgendwie schaffen“.
  • Nicht die Finanzierung vergessen: Wenn du 20.000 € umbaust und 5.000 € Förderung bekommst - dann musst du 15.000 € zahlen. Kannst du das? Oder musst du auf einen Kredit zurückgreifen? Dann rechne mit Zinsen, Laufzeit, Raten.

Was kommt als Nächstes?

Barrierefreies Wohnen wird nicht weniger - es wird mehr. Die Bevölkerung wird älter. Bis 2030 wird der Bedarf nach barrierefreien Wohnungen um 40 % steigen. Smart-Home-Technik wird eine große Rolle spielen: Sprachsteuerung für Licht, Heizung, Jalousien. Sensoren, die erkennen, wenn jemand gestürzt ist. Automatische Türen, die sich öffnen, wenn du dich nähern.

Doch das ist nur die Zukunft. Der heutige Umbau bleibt das Fundament. Er ist nicht teuer, weil er kompliziert ist - sondern weil er sorgfältig sein muss. Weil er Menschen braucht, die wissen, wie man eine Tür macht, die nicht nur offen ist - sondern auch sicher, leicht und dauerhaft.

Dein Zuhause sollte dich tragen - nicht behindern. Und das beginnt nicht mit einem Bohrer. Es beginnt mit einer Frage: Was brauche ich - wirklich?

Muss ich die DIN 18040-2 einhalten, wenn ich meine Wohnung umbaue?

Ja - wenn du Fördergelder von der KfW oder der Pflegekasse beantragen willst. Die DIN 18040-2 ist die einzige anerkannte Norm für barrierefreies Wohnen in Deutschland. Ohne Nachweis der Einhaltung bekommst du keinen Zuschuss. Selbst wenn du kein Geld brauchst: Die Norm ist die einzige verlässliche Grundlage, um sicherzustellen, dass der Umbau wirklich funktioniert - für dich und für alle, die später hier leben.

Kann ich einen barrierefreien Umbau selbst machen?

Einige kleine Maßnahmen - wie den Austausch von Türklinken oder das Anbringen von Haltegriffen - kannst du selbst erledigen. Aber alles, was baulich ist: Türen entfernen, Böden verlegen, Duschen umbauen, Treppen verändern - das braucht Fachwissen. Und vor allem: eine Genehmigung. Ein Architekt oder ein Bauingenieur mit Erfahrung in barrierefreiem Bauen muss die Pläne erstellen und prüfen. Sonst riskierst du nicht nur Geld - sondern auch deine Sicherheit.

Welche Förderungen gibt es in Österreich?

In Österreich gibt es keine direkten KfW-Programme - aber zahlreiche landesbezogene Förderungen. In Niederösterreich, wo Krems liegt, unterstützt das Land Wohnbauförderungen für barrierefreie Umbauten mit bis zu 10.000 €. Auch die Sozialversicherung zahlt bei Pflegebedürftigkeit Zuschüsse für bauliche Maßnahmen. Wichtig: Du musst dich vor Beginn der Arbeiten bei der zuständigen Gemeinde oder dem Landesamt für Wohnbauförderung informieren. Die Anträge müssen vor Baubeginn gestellt werden - nicht danach.

Wie lange dauert ein barrierefreier Umbau?

Das hängt vom Umfang ab. Eine einfache Duschenumbauung mit Haltegriffen und neuer Bodenplatte: 2-3 Wochen. Ein kompletter Umbau mit Treppenlift, Eingangserweiterung und Badneugestaltung: 3-6 Monate. Aber: Die Vorbereitung - Beratung, Planung, Anträge - dauert oft länger als die Bauzeit selbst. Plan mindestens 3-4 Monate Vorlauf, besonders wenn du Fördermittel willst.

Ist ein barrierefreier Umbau auch für junge Menschen sinnvoll?

Absolut. Barrierefreiheit ist keine Altersfrage - sie ist eine Lebensqualitätsfrage. Ein barrierefreies Bad ist leichter zu reinigen. Breitere Türen erleichtern das Tragen von Möbeln oder Kinderwagen. Eine ebenerdige Dusche ist sicherer für kleine Kinder. Ein Zuhause, das für alle zugänglich ist, ist ein Zuhause, das länger hält - und mehr Wert behält. Du baust nicht nur für dich - du baust für deine Zukunft, deine Kinder, deine Eltern.

Kommentare
thord grime
thord grime

hab das letzte jahr für meine oma gemacht, 15k investiert, aber jetzt kann sie endlich allein duschen. kein stress mehr, kein hilferuf um 3 uhr nachts. das geld war die beste investition ever.

Dezember 4, 2025 AT 03:30

Elsy Hahn
Elsy Hahn

ach ja, die berühmte din 18040-2. als ob das jemand außer dem bauamt wirklich kennt. mein handy hat mehr funktionen als mein bad nach dem 'barrierefreien' umbau. aber hey, wenigstens ist die duschrinne jetzt 'ebenerdig' – also fast.

Dezember 4, 2025 AT 09:27

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