Sanierungsstau und Modernisierung: Wie sich energetische Sanierungen auf Immobilienpreise in Deutschland auswirken
4 Dezember 2025 0 Kommentare Tilman Fassbinder

Sanierungsstau und Modernisierung: Wie sich energetische Sanierungen auf Immobilienpreise in Deutschland auswirken

Stellen Sie sich vor, Sie wollen eine Wohnung verkaufen. Sie haben sie gut gepflegt, die Tapeten sind frisch, der Boden ist schön. Aber die Heizung ist aus den 80ern, die Fenster lassen die Wärme entweichen, und der Energieausweis zeigt Klasse H. Was passiert? Sie bekommen 18,7 Prozent weniger als ein vergleichbares Objekt mit moderner Dämmung und Wärmepumpe. Das ist kein Fall, das ist der Standard in Deutschland 2025.

Der Sanierungsstau ist keine Zukunftsvision - er ist hier und jetzt

Seit Jahrzehnten wurde in Deutschland gebaut, aber kaum saniert. Die meisten Wohnungen, die heute noch bewohnt werden, stammen aus den 50er bis 80er Jahren. Sie wurden damals schnell und günstig errichtet - mit wenig Dämmung, einfachen Fenstern und alten Heizungen. Heute, 2025, ist das eine Zeitbombe. Die jährliche Sanierungsquote liegt bei nur 0,69 Prozent. Das bedeutet: Von 100 Wohnhäusern wird jedes Jahr weniger als ein einziges komplett modernisiert. Bei Eigentümergemeinschaften ist es noch schlimmer: nur 0,52 Prozent. Das ist nicht nur träge - das ist gefährlich.

Warum bleibt so viel liegen? Es ist nicht nur die Bequemlichkeit. Es ist die Komplexität. Wer sanieren will, muss sich durch Förderanträge, Genehmigungen, Handwerkertermine und Gemeinschaftsbeschlüsse kämpfen. Und dann kommt noch der Preis: 450 bis 850 Euro pro Quadratmeter. Für eine 80-Quadratmeter-Wohnung sind das bis zu 68.000 Euro. Kein Wunder, dass viele zögern. Doch wer jetzt nicht handelt, zahlt später doppelt - in Form von Wertverlust.

Immobilienpreise teilen sich - die neue Marktwirklichkeit

Der Markt hat sich verändert. Es gibt nicht mehr nur „Immobilien“. Es gibt zwei Welten: die sanierten und die unsanierten. Und die Kluft wächst.

Objekte mit Energieeffizienzklasse A+ oder EFH 55 verkaufen sich schneller, teurer und mit mehr Interesse. Laut Statistischem Bundesamt gab es 2024 27 Prozent mehr Kaufanfragen für solche Wohnungen als für unsanierte. Auf ImmobilienScout24 erreichen sanierte Objekte im Durchschnitt 4,5 von 5 Sternen - unsanierte nur 3,2. Das ist kein Zufall. Käufer wissen: Eine sanierte Wohnung kostet weniger Strom, weniger Gas, weniger Stress.

Und die Preise spiegeln das wider. In München, Berlin oder Hamburg liegt die Preisdifferenz zwischen sanierten und unsanierten Wohnungen bei bis zu 22,4 Prozent. In ländlichen Regionen ist sie geringer - aber der Wertverlust ist härter. In strukturschwachen Gebieten Ostdeutschlands sinken unsanierte Immobilien um bis zu 25 Prozent im Wert. Ein Haus aus den 70ern, das vor drei Jahren noch 250.000 Euro wert war, ist heute nur noch 187.000 Euro wert - und das, obwohl es nicht kaputt ist. Es ist einfach „veraltet“.

Der German Real Estate Index bestätigt: Im Februar 2025 stiegen die Preise für energieeffiziente Wohnungen um 1,1 Prozent - während unsanierte Objekte um 0,8 Prozent fielen. Das ist kein Ausreißer. Das ist der neue Trend.

Warum Käufer heute nur noch auf Sanierung achten

Es geht nicht nur um Umwelt. Es geht um Geld. Und um Zukunftssicherheit.

Ein Haus mit schlechter Energiebilanz kostet heute durchschnittlich 35 Prozent mehr an Energiekosten als ein saniertes. Wer 2025 in eine unsanierte Wohnung zieht, zahlt nicht nur Miete oder Rate - er zahlt auch einen Energiezuschlag, der jedes Jahr höher wird. Und das wird sich verschärfen. Ab 2026 ist es gesetzlich verboten, Öl- und Gasheizungen mit mehr als 85 Prozent Wirkungsgrad zu installieren. Wer heute eine alte Heizung hat, muss sie bis 2030 austauschen - und das kostet mindestens 15.000 Euro.

Und dann ist da noch die Zeit. Eine unsanierte Wohnung braucht im Schnitt 57 Tage länger, um verkauft zu werden. Makler berichten, dass Käufer oft erst nach drei Besichtigungen abhauen, weil sie die Dämmung sehen, die Fenster prüfen und den Energieausweis lesen. Wer nicht sanieren will, verliert nicht nur Geld - er verliert auch Zeit, Nerven und Chancen.

Ein konkreter Fall aus Berlin: Eine Altbauwohnung mit unsaniertem Zustand wurde dreimal runtergesetzt - insgesamt 12,5 Prozent. Die Nachbarwohnung, gleich groß, gleich Lage, aber mit neuer Fassade, Wärmepumpe und Fenstern - wurde zum ersten Preis verkauft. Kein Verhandlungsspiel. Kein Rabatt. Einfach: Wer sanieren will, kauft. Wer nicht, bleibt sitzen.

Familie in einer kalten, undichten Wohnung mit Energieausweis Klasse H, während draußen ein modernes Haus wärmer leuchtet.

Was macht eine Sanierung wirklich wertvoll?

Nicht jede Sanierung bringt den gleichen Gewinn. Es gibt Unterschiede zwischen „ein bisschen machen“ und „richtig machen“.

Die größte Wirkung hat eine Gesamtsanierung: Dämmung der Außenwände, Austausch der Fenster, neue Heizung, Lüftungsanlage. Wer das macht, erreicht Effizienzklasse EFH 55 oder besser - und bekommt dann bis zu 25 Prozent Förderung von der KfW. Das ist kein Kleingeld. Bei 60.000 Euro Sanierungskosten sind das 15.000 Euro Zuschuss. Und das ist nur der Anfang.

Wer nur die Heizung tauscht, aber die Dämmung ignoriert, macht es sich schwer. Die neue Heizung läuft dann voll auf - und die Kosten sinken kaum. Wer nur die Fenster wechselt, aber die Wände ungedämmt lässt, verliert die Wärme trotzdem durch die Außenwände. Die richtige Sanierung ist ein System. Und nur Systeme zahlen sich aus.

Die Durchschnittskosten liegen bei 650 Euro pro Quadratmeter. Die Sanierungsdauer beträgt 6 bis 8 Monate - inklusive Planung. Wer das nicht weiß, plant falsch. Wer denkt, er kann in zwei Wochen alles erledigen, wird enttäuscht. Aber: Wer es richtig macht, erhält nicht nur einen höheren Verkaufspreis - er erhält auch mehr Sicherheit. Eine sanierte Immobilie verliert in den nächsten Jahren nur 0,5 bis 1,5 Prozent im Jahr - eine unsanierte verliert dagegen 1,5 bis 2,5 Prozent.

Wie Eigentümergemeinschaften den Stau vergrößern - und wie sie ihn lösen

Die größte Hürde für Sanierungen ist nicht der Preis - es ist die Gemeinschaft. In Mehrfamilienhäusern muss jeder mitmachen. Und das ist das Problem. 78 Prozent der Eigentümergemeinschaften können sich nicht einigen. Einer will sanieren, andere sagen: „Ich ziehe in drei Jahren aus, warum soll ich zahlen?“

Doch wer jetzt nicht handelt, zahlt später. Denn wenn die Mehrheit nicht entscheidet, bleibt das Haus unsaniert - und der Wert sinkt für alle. Selbst für die, die schon ausziehen wollen.

Lösungen gibt es. Zertifizierte Energieberater helfen bei der Planung und bei der Beantragung der Förderung - mit einer Erfolgsquote von 85 Prozent. Handwerkskammern bieten Mediation an, um Streit zu vermeiden. Und die neue Bundesregierung hat im März 2025 den „Sanierungs-Schub“ beschlossen: weniger Papierkram, höhere Zuschüsse, schnellere Genehmigungen. Wer jetzt anfängt, profitiert.

Waage mit sanierten Immobilien auf der Gewinnsseite und Sanierungsstau auf der Verlustseite, symbolisch dargestellt in minimalistischem Stil.

Was kommt als Nächstes? Der Markt wird noch extremer

Die EZB hat den Leitzins auf 2,5 Prozent gesenkt. Die Bauzinsen liegen zwischen 3,12 und 3,72 Prozent - historisch niedrig. Das macht Kredite für Sanierungen attraktiver als je zuvor. Die KfW hat ihre Förderprogramme erweitert. Und die Nachfrage steigt.

Experten wie Prof. Sabine Zwingmann vom Kieler Institut warnen: „Der Sanierungsstau wird sich zunehmend in den Preisen niederschlagen.“ In Städten wie München und Berlin steigen die Preise für sanierte Wohnungen weiter - um 2,19 Prozent und 1,01 Prozent pro Jahr bis 2030. In ländlichen Regionen mit vielen unsanierten Häusern dagegen: negativer Wertzuwachs von bis zu -0,5 Prozent.

Der Wohnungsmangel bleibt. Bis 2030 fehlen 3,7 Millionen Wohnungen in Deutschland. Neubau allein wird das nicht lösen. Die einzige Chance: Altbau sanieren. Wer heute eine unsanierte Immobilie besitzt, hat zwei Wege: Entweder er investiert - oder er verliert. Es gibt keinen dritten.

Was tun, wenn Sie eine unsanierte Immobilie besitzen?

1. Prüfen Sie den Energieausweis. Klasse H? Dann ist der Wert bereits unter Druck. 2. Beraten Sie sich mit einem zertifizierten Energieberater. Die meisten kennen die Förderprogramme besser als Sie. 3. Rechnen Sie den Sanierungsaufwand gegen den Wertverlust auf. Oft lohnt es sich schon mit 50 Prozent Förderung. 4. Wenn Sie verkaufen wollen: Sanieren Sie vorher. Eine 20.000-Euro-Investition kann 50.000 Euro mehr Wert bringen. 5. Wenn Sie eine Eigentümergemeinschaft haben: Starten Sie den Dialog. Ein Gespräch heute verhindert einen Wertverlust morgen.

Der Sanierungsstau ist kein Problem der Vergangenheit. Er ist die Realität von heute. Und er bestimmt, wer im Immobilienmarkt gewinnt - und wer verliert. Wer jetzt handelt, sichert nicht nur seinen Wert - er sichert seine Zukunft.