Was ist ein Vorkaufsrecht - und warum kostet es mehr, als man denkt?
Ein Vorkaufsrecht ist kein Bonus, kein Geschenk, kein Vorteil, den man einfach nutzt. Es ist ein rechtlicher Anspruch, der einem Mieter, einer Gemeinde oder einem anderen Beteiligten das Recht gibt, eine Immobilie vor einem Dritten zu kaufen - aber nur unter den exakt gleichen Bedingungen, die der Erstkäufer angeboten hat. Klingt fair? Ist es auch. Doch viele, die dieses Recht ausüben, merken erst hinterher: Die Kosten sind höher als erwartet. Und manche zahlen sogar mehr, weil sie die Regeln nicht verstanden haben.
Stell dir vor: Deine Wohnung wird verkauft. Du hast als Mieter ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Der neue Käufer bietet 163.000 Euro. Du sagst: „Ich kaufe auch.“ Aber dann bekommst du die Rechnung vom Notar: 4.800 Euro zusätzlich. Warum? Weil du die Grundbucheintragung und die Erstattung der Notarkosten für den Erstkäufer nicht mitgerechnet hast. Das passiert häufiger, als man denkt.
Die drei Arten von Vorkaufsrechten - und ihre unterschiedlichen Kosten
Nicht jedes Vorkaufsrecht ist gleich. Es gibt drei Hauptformen, und jede hat ihre eigenen Kostenstrukturen.
- Gesetzliches Vorkaufsrecht (§ 577 BGB): Gilt für Mieter. Entsteht automatisch, wenn du seit mindestens drei Jahren in der Wohnung lebst. Keine Eintragungskosten im Grundbuch. Aber: Du musst den Kaufpreis des Erstkäufers zahlen - und dessen Notarkosten erstatten.
- Gemeindliches Vorkaufsrecht (§§ 24-26 BauGB): Die Stadt oder Gemeinde kann vor dem Verkauf das Recht haben, selbst zu kaufen. Das ist besonders in Städten wie Berlin, München oder Wien verbreitet. Hier kommen zusätzliche Gebühren hinzu: Die Verzichtserklärung der Gemeinde kostet zwischen 150 und 850 Euro - je nach Ort. In Berlin liegt der Durchschnitt bei 520 Euro, in ländlichen Gemeinden bei 210 Euro.
- Vertragliches Vorkaufsrecht: Wird im Kaufvertrag vereinbart. Kann von Nachbarn, Familienmitgliedern oder Investoren eingerichtet werden. Hier entstehen Eintragungskosten im Grundbuch - meist 0,25 % des Grundstückswerts. Und: Die Kosten für die Beurkundung hängen davon ab, ob das Vorkaufsrecht separat oder zusammen mit dem Kaufvertrag notariell beurkundet wird.
Die größte Kostenfalle: Notarkosten - und wie du sie halbieren kannst
Die Notarkosten sind der größte Posten. Typisch: 7,14 % des Kaufpreises. Aber das ist nicht dein Anteil. Du zahlst nur deinen Teil - und den des Erstkäufers musst du erstatten. Das bedeutet: Wenn der Erstkäufer 3.500 Euro an Notarkosten gezahlt hat, musst du diese 3.500 Euro an ihn zurückzahlen. Das ist kein Bonus, das ist Pflicht.
Doch hier kommt die entscheidende Regel: Wenn das Vorkaufsrecht und der Kaufvertrag zusammen beurkundet werden, fallen niedrigere Kosten an. Das hat das Oberlandesgericht Hamm 2015 entschieden. Viele Notare rechnen fälschlicherweise das Vorkaufsrecht als eigenständigen Vertrag ab - und berechnen doppelte Gebühren. Das ist rechtswidrig. Du musst nur die Gebühren für den Kaufvertrag zahlen - inklusive der Eintragung des Vorkaufsrechts. Das spart bis zu 30 %.
Beispiel: Eine Immobilie im Wert von 300.000 Euro. Werden Kaufvertrag und Vorkaufsrecht separat beurkundet: ca. 6.500 Euro Notarkosten. Werden sie gemeinsam beurkundet: ca. 4.200 Euro. Das ist ein Unterschied von 2.300 Euro - nur weil du die Rechtsprechung kennst.
Grundbuchkosten: Was du noch nicht auf dem Schirm hast
Nach dem Kauf musst du das Eigentum auf deinen Namen umschreiben. Das kostet 0,3 % bis 0,5 % des Kaufpreises. Bei 300.000 Euro: 900 bis 1.500 Euro. Das ist nicht optional. Und: Wenn du das Vorkaufsrecht ausübst, musst du es auch aus dem Grundbuch löschen lassen. Das kostet nochmal 0,25 % des Grundstückswerts - also rund 750 Euro bei 300.000 Euro.
Das bedeutet: Bei einem Kaufpreis von 300.000 Euro fallen allein an Grundbuchkosten (Umschreibung + Löschung) mindestens 1.650 Euro an. Das ist kein kleiner Betrag - und oft wird er vergessen.
Finanzierungshürden: Banken sehen das Vorkaufsrecht als Risiko
Wenn du ein Vorkaufsrecht ausübst, kannst du nicht einfach einen Kredit beantragen und loslegen. Die meisten Banken betrachten das Vorkaufsrecht als Vorlast - eine Belastung, die den Wert der Immobilie mindert. Laut der Deutschen Bundesbank verlangen 63 % der Institute zusätzliche Sicherheiten, wenn ein Vorkaufsrecht im Grundbuch steht. Das kann bedeuten: Du brauchst mehr Eigenkapital. Oder du bekommst einen schlechteren Zinssatz.
Und dann ist da noch die Verzögerung. Ein Vorkaufsrecht verlängert den Verkaufsprozess durchschnittlich um 28 Tage. Bei einem Immobilienpreis von 450.000 Euro und einem Zinssatz von 2,8 % bedeutet das: 1.029 Euro an verzögerten Zinskosten. Das ist kein direkter Kostenposten - aber es ist Geld, das du nicht hast, weil du nicht rechtzeitig in die Immobilie einziehen oder sie vermieten kannst.
Preislimitiertes Vorkaufsrecht: Der kluge Weg, um Kosten zu kontrollieren
Es gibt eine Lösung, die immer beliebter wird: das limitierte Vorkaufsrecht. Hier wird im Vertrag festgelegt: „Der Vorkaufsberechtigte darf höchstens X Euro zahlen.“ Das ist kein Traum - das ist Standard in immer mehr Verträgen.
Ein Fall aus Köln: Ein Mieter hatte ein limitiertes Vorkaufsrecht auf 180.000 Euro. Der Erstkäufer bot 220.000 Euro. Der Mieter sagte: „Nein, ich zahle nur 180.000.“ Der Verkäufer musste akzeptieren - weil das so im Vertrag stand. Der Mieter sparte 40.000 Euro. Und er hatte Planungssicherheit.
Im Jahr 2024 haben 76 % der befragten Notare dieses Modell als sinnvolle Kostenkontrolle bewertet. Der Immobilienverband IVD prognostiziert, dass bis 2027 fast jeder vierte Kaufvertrag ein limitiertes Vorkaufsrecht enthalten wird. Das ist die Zukunft - und sie ist kostensicher.
Was du wirklich tun musst - eine Checkliste für die Ausübung
Bevor du „Ich kaufe“ sagst, mach das:
- Prüfe den Kaufvertrag des Erstkäufers: Was ist der Kaufpreis? Was sind die Zahlungsbedingungen? Keine Annahmen - nur das Dokument zählt.
- Frag den Notar: „Wird das Vorkaufsrecht zusammen mit dem Kaufvertrag beurkundet?“ Wenn nein: Bestünde die Möglichkeit, das nachzuholen? Das kann tausende Euro sparen.
- Berechne alle Kosten: Notarkosten (Erstattung + eigener Anteil), Grundbucheintragung, Löschung des Vorkaufsrechts, ggf. Verzichtserklärung der Gemeinde.
- Prüfe die Finanzierung: Sprich mit deiner Bank. Frag: „Wie sieht es mit Sicherheiten aus, wenn ein Vorkaufsrecht besteht?“
- Setze die Frist ein: Du hast meist nur zwei Wochen, um zu antworten. Keine Zeit für lange Überlegungen. Also: Bereite dich vor, bevor der Brief kommt.
Wie viel kannst du wirklich sparen - echte Beispiele
Ein Mieter in München hat 7.200 Euro an Notarkosten gespart, weil er wusste, dass Kaufvertrag und Vorkaufsrecht zusammen gerechnet werden dürfen. Er hat den Notar auf die OLG-Hamm-Entscheidung hingewiesen - und die Gebühren wurden korrigiert.
Ein anderer Mieter in Köln hat 185.000 Euro gespart. Der Kaufpreis lag bei 146.940 Euro. Zwei Jahre später war die Wohnung 22 % wertvoller - also fast 180.000 Euro mehr. Er hat nicht nur eine Wohnung gekauft - er hat sich ein Vermögen gesichert.
Aber es gibt auch Verlierer: Ein Nutzer auf „Hausfrage.de“ hat 4.800 Euro mehr gezahlt, weil er die Grundbucheintragung und die Erstattung der Notarkosten nicht berücksichtigt hatte. Er dachte, er zahlt nur den Kaufpreis. Das war ein teurer Fehler.
Was sich 2025 ändert - und warum du jetzt handeln musst
Ab 1. Juli 2025 tritt eine Novelle des GNotKG in Kraft. Sie klärt: Wenn ein Vorkaufsrecht bereits im Grundbuch steht, muss der volle Immobilienwert für die Notarkosten zugrunde gelegt werden. Das bedeutet: Die Kosten steigen - um 12 bis 15 %. Wer jetzt noch ein Vorkaufsrecht einträgt, zahlt weniger als später.
Und: Gemeinden setzen immer mehr auf das „Einheimischen-Modell“. Das Vorkaufsrecht läuft erst nach 10 Jahren aus. Das macht die Planung komplexer. Wer jetzt kauft, sollte prüfen: Steht ein solches Recht im Grundbuch? Und wenn ja: Wann läuft es aus?
Was du nicht tun solltest
- Nicht einfach „Ja“ sagen, ohne zu prüfen, ob der Kaufpreis über dem Marktwert liegt. Du bist an den Vertrag gebunden - auch wenn der Preis zu hoch ist.
- Nicht den Notar ignorieren. Frag nach der Beurkundungsform. Frag nach den Kosten. Frag nach der Rechtsprechung.
- Nicht warten, bis der Brief kommt. Wenn du Mieter bist: Prüfe frühzeitig, ob du ein Vorkaufsrecht hast. Wenn du Käufer bist: Prüfe, ob das Grundbuch ein Vorkaufsrecht enthält.
Ein Vorkaufsrecht ist kein Geschenk. Es ist ein Werkzeug. Und wie jedes Werkzeug: Wenn du es richtig benutzt, sparst du Geld. Wenn du es falsch benutzt, kostet es dich mehr, als du verdienst.
Kann ich als Mieter das Vorkaufsrecht einfach ausüben, wenn die Wohnung verkauft wird?
Ja, wenn du seit mindestens drei Jahren in der Wohnung lebst und kein Eigenbedarfskündigung vorliegt. Du musst innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Verkaufsanzeige schriftlich erklären, dass du die Immobilie unter denselben Bedingungen wie der Erstkäufer kaufen willst. Du darfst aber nicht mehr zahlen als der Erstkäufer - das hat der Bundesgerichtshof klar festgelegt.
Muss ich die Notarkosten des Erstkäufers wirklich erstatten?
Ja. Nach § 464 Abs. 2 BGB trittst du in die Rechte und Pflichten des Erstkäufers ein. Das bedeutet: Du übernimmst nicht nur den Kaufpreis, sondern auch alle Kosten, die er bereits gezahlt hat - inklusive Notarkosten. Das ist ein häufiger Fehler: Viele denken, sie zahlen nur den Kaufpreis. Tatsächlich zahlen sie auch die Kosten des Vorgängers - und das kann mehrere tausend Euro ausmachen.
Wie hoch sind die Grundbuchkosten beim Vorkaufsrecht?
Zwei Kostenposten fallen an: Erstens die Umschreibung des Eigentums auf dich - das kostet 0,3 % bis 0,5 % des Kaufpreises. Zweitens die Löschung des Vorkaufsrechts aus dem Grundbuch - das kostet 0,25 % des Grundstückswerts. Bei einer Immobilie von 300.000 Euro sind das insgesamt etwa 1.650 Euro. Diese Kosten sind nicht optional - sie müssen bezahlt werden, um das Eigentum legal zu übertragen.
Kann ich ein Vorkaufsrecht verhindern, wenn ich eine Wohnung kaufe?
Wenn es ein gesetzliches Vorkaufsrecht gibt (z. B. für Mieter), kannst du es nicht verhindern. Es ist gesetzlich verankert. Wenn es ein vertragliches oder gemeindliches Vorkaufsrecht gibt, kannst du es nur vermeiden, wenn der Verkäufer es nicht eingetragen hat. Beim Kauf solltest du immer das Grundbuch prüfen - dort steht, ob ein Vorkaufsrecht besteht. Wenn ja, musst du damit rechnen, dass der Verkauf verzögert wird oder der Mieter/zur Gemeinde das Recht ausübt.
Was ist ein limitiertes Vorkaufsrecht, und lohnt es sich?
Ein limitiertes Vorkaufsrecht legt einen maximalen Kaufpreis fest. Der Berechtigte muss nicht den Preis des Erstkäufers zahlen, wenn dieser über diesem Limit liegt. Es lohnt sich besonders, wenn du als Mieter oder Nachbar planst, die Wohnung langfristig zu halten. Es schützt dich vor Preisexplosionen und macht deine Kosten berechenbar. 76 % der Notare halten dieses Modell für sinnvoll - und bis 2027 wird es in fast jedem vierten Vertrag vorkommen.
Wenn du ein Vorkaufsrecht ausübst, geht es nicht nur um das Recht - es geht um die Zahlen. Wer sie kennt, spart. Wer sie ignoriert, zahlt doppelt.
Leon Xuereb
Ach komm, wer glaubt noch, dass ein Vorkaufsrecht ein Geschenk ist? Das ist doch wie ein Gratis-Upgrade im Flugzeug – nur dass du danach noch für das Gepäck, das Essen und die Toilettengebühr zahlen musst. 😅
Ich hab’s selbst erlebt: dachte, ich zahle nur den Preis, und plötzlich kriege ich eine Rechnung von 5.000 € für ‘Notarkosten des Vorgängers’. Kein Witz. Der Notar hat mir sogar gesagt: ‘Das ist Standard, aber viele merken’s erst, wenn’s zu spät ist.’
Und dann die Grundbuchkosten? Die löschen des Vorkaufsrechts kostet extra? Das ist wie bei IKEA: Du kriegst den Schrank, aber für die Schrauben musst du nochmal zahlen. Und die sind teurer als der Schrank.
Ich find’s krass, dass das gesetzlich so festgelegt ist. Wer hat das erfunden? Ein Notar mit Humor? Oder ein Staatsbeamter, der sich eine neue Kaffeemaschine kaufen wollte?
Dezember 15, 2025 AT 18:02
Jerka Vandendael
Ich find’s irgendwie traurig, dass so ein Recht, das eigentlich Schutz bieten soll, zu einer finanziellen Falle wird 🥲
Es ist, als ob jemand dir sagt: 'Du darfst den letzten Keks nehmen' – aber dann muss du auch die Keksdose bezahlen, die Leute, die sie gebaut haben, und die Hand, die sie dir gereicht hat. 🤷♀️
Und dass manche Banken das als 'Vorlast' sehen… das ist doch Irrsinn. Das ist doch kein Risiko – das ist ein Zeichen, dass jemand wirklich in der Wohnung bleibt. Nicht jeder will nur spekulieren. Manche wollen einfach ein Zuhause. 🏡
Dezember 15, 2025 AT 22:10