Auswanderung und Immobilienbesitz: So funktioniert die steuerliche Registrierung ab 2025
29 Dezember 2025 0 Kommentare Tilman Fassbinder

Auswanderung und Immobilienbesitz: So funktioniert die steuerliche Registrierung ab 2025

Wenn du deine deutsche Immobilie behältst, aber aus Deutschland auswanderst, passiert etwas, das viele nicht erwarten: Die Steuerbehörden verlangen plötzlich Geld - auch wenn du die Immobilie nicht verkaufst. Bis 2024 war das bei Privatimmobilien nicht der Fall. Ab 2025 ändert sich das komplett. Du kannst nicht einfach auswandern und hoffen, dass deine Wohnung oder dein Haus steuerlich unsichtbar bleibt. Die Regeln werden härter - und wer sich nicht vorbereitet, zahlt möglicherweise Hunderttausende Euro.

Was war bisher erlaubt?

Bis Ende 2024 galten Privatimmobilien in Deutschland als steuerlich sicher, wenn du auswandertest. Das bedeutete: Du hattest eine Wohnung in Berlin, ein Haus in München oder eine Ferienimmobilie am Bodensee - und zogst nach Portugal, Spanien oder in die USA. Solange du die Immobilie nicht verkaufst, musstest du keine Steuer auf den Wertzuwachs zahlen. Der Gewinn, den du durch die Preissteigerung gemacht hast, blieb unbesteuert. Das war der große Vorteil gegenüber Unternehmensanteilen. Wenn du 1% oder mehr an einer deutschen GmbH hattest, wurde dir beim Auswandern automatisch ein Verkauf unterstellt - und du musstest die Gewinne versteuern. Bei Immobilien? Nichts. Keine Steuer. Keine Abrechnung. Keine Nachforderung.

Diese Regelung war kein Zufall. Der Gesetzgeber wollte nicht, dass Menschen ihre Häuser verkaufen müssen, nur weil sie ins Ausland ziehen. Viele Auswanderer wollten ihre Immobilie vermieten, um später zurückzukehren oder ihre Rente aufzubessern. Die Steuerbehörden akzeptierten das. Die Mieteinnahmen wurden dann zwar in Deutschland besteuert - aber der Wertzuwachs nicht. Das war fair. Und es hat funktioniert.

Was ändert sich ab 2025?

Ab dem 1. Januar 2025 wird alles anders. Die Bundesregierung plant, die sogenannte Wegzugsbesteuerung auf Privatimmobilien auszuweiten. Das heißt: Wenn du aus Deutschland auswanderst und eine Immobilie besitzt, wird der aktuelle Verkehrswert deiner Immobilie mit deinen Anschaffungskosten verglichen. Der Unterschied - also dein Gewinn - wird als fiktiver Verkauf behandelt. Und darauf wird Steuer erhoben. Ohne dass du etwas verkauft hast. Ohne dass du Geld in der Hand hast. Einfach so.

Die Steuerlast kann enorm sein. Nehmen wir ein Beispiel: Du hast 2010 eine Wohnung in Hamburg für 300.000 Euro gekauft. Heute ist sie 800.000 Euro wert. Der Gewinn beträgt 500.000 Euro. Die Steuer rate liegt bei 26,375 % (Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag). Das sind 131.875 Euro, die du sofort zahlen musst. Und du hast noch nicht einmal den Schlüssel abgegeben.

Die Steuer ist fällig, sobald du deine Steuerresidenz nach Deutschland verlässt. Das bedeutet: Du musst nicht mehr in Deutschland wohnen. Du musst nicht mehr hier arbeiten. Du musst nur noch keine Hauptwohnung mehr haben. Dann greift die Regelung. Und sie greift auch, wenn du in ein anderes EU-Land ziehst. Der Bundesfinanzhof hat 2023 klargestellt: Auch innerhalb der EU ist die Sofortbesteuerung zulässig - egal, ob es fair ist oder nicht.

Wer ist betroffen?

Nicht jeder, der auswandert, wird automatisch zur Kasse gebeten. Die Regelung greift nur, wenn du in den letzten zwölf Jahren mindestens sieben Jahre unbeschränkt steuerpflichtig in Deutschland warst. Das ist der Fall, wenn du hier gewohnt hast, gearbeitet hast, Einkünfte erzielt hast - und deine Hauptwohnung hier hattest. Wenn du nur drei Jahre hier gelebt hast, bevor du nach Australien gezogen bist, dann bist du nicht betroffen.

Aber: Selbst wenn du die sieben-Jahres-Regel erfüllst, gibt es Ausnahmen. Wenn du deine Immobilie mehr als drei Jahre selbst genutzt hast - also als Hauptwohnung bewohnt hast - und sie dann vermietest, dann ist die Spekulationssteuer nicht fällig, wenn du sie später verkaufst. Das ist ein wichtiger Unterschied. Die Wegzugsbesteuerung betrifft den Wertzuwachs beim Auswandern. Die Spekulationssteuer betrifft den Verkauf später. Beides ist unterschiedlich.

Was passiert mit deiner Miete?

Wenn du deine Immobilie behältst und vermietest, bleibst du weiterhin steuerpflichtig in Deutschland - aber nur für die Mieteinnahmen. Das nennt man beschränkte Steuerpflicht. Du musst jährlich eine deutsche Einkommensteuererklärung abgeben und die Miete versteuern. Die Steuer liegt bei 25 % Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag. Das ist nicht billig, aber es ist vorhersehbar. Du weißt, was du zahlen musst. Du kannst es in deine Kalkulation einrechnen.

Einige Auswanderer nutzen das gezielt. Sie verkaufen nicht, sondern vermieten. Sie zahlen 25 % auf die Miete - und lassen den Wertzuwachs unbesteuert. Solange die neue Regelung nicht in Kraft tritt. Ab 2025 könnte das nicht mehr möglich sein. Denn wenn die Wegzugsbesteuerung auch für Immobilien gilt, dann wird der Wertzuwachs zum Zeitpunkt des Auszugs besteuert - unabhängig davon, ob du später vermietest oder nicht.

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Was kannst du jetzt tun?

Du hast drei Optionen - und die Wahl ist entscheidend.

  1. Verkaufe die Immobilie vor der Auswanderung. Wenn du deine Wohnung oder dein Haus vor deinem Auszug verkaufst, fällt die Spekulationssteuer nicht an - wenn du sie mindestens drei Jahre selbst genutzt hast. Du zahlst keine Steuer auf den Gewinn. Du bekommst das Geld in der Hand - und kannst es mit ins Ausland nehmen. Das ist die sicherste Variante. Viele Auswanderer tun das. Ein Nutzer auf Reddit berichtet, er hat seine Berliner Wohnung zwei Jahre vor dem Umzug verkauft. Die Steuerberatung hat 1.200 Euro gekostet - aber er hat 25 % Spekulationssteuer von über 100.000 Euro vermieden.
  2. Vermiete die Immobilie - und warte ab. Wenn du deine Immobilie vermietest und auf die neue Regelung wartest, läufst du ein Risiko. Ab 2025 könnte die Steuer auf den Wertzuwachs fällig werden - und du hast keine Liquidität, um sie zu zahlen. Du hast keine Mieteinnahmen, die so hoch sind, dass sie 100.000 Euro Steuer abdecken. Du könntest gezwungen sein, die Immobilie zu verkaufen - aber dann ist der Wert vielleicht schon gefallen.
  3. Bring die Immobilie in eine GmbH ein. Das ist ein beliebter Trick - und er könnte bald verboten werden. Einige Auswanderer übertragen ihre Immobilie auf eine GmbH, um sie als Unternehmensvermögen zu klassifizieren. Dann greift die Wegzugsbesteuerung nicht, weil sie nur für Kapitalgesellschaftsanteile gilt - aber nur, wenn du weniger als 1 % hältst. Die Bundesregierung plant aber, die Schwelle von 1 % auf 0,5 % zu senken. Das macht diesen Trick zukünftig riskant. Experten warnen: Das könnte als Steuerumgehung gewertet werden - und du riskierst Strafzölle, Zinsen und Nachzahlungen.

Was passiert, wenn du nichts tust?

Wenn du auswanderst, deine Immobilie behältst und nichts unternimmst, wird die Finanzbehörde dich finden. Sie bekommt die Auswanderungsdaten vom Einwohnermeldeamt. Sie prüft deine Vermögensverhältnisse. Und sie stellt eine Steuerbescheid aus - mit Fälligkeitsdatum. Du hast dann 30 Tage Zeit, zu zahlen. Wenn du nicht zahlst, wird die Steuer eingetrieben. Die Behörde kann dein deutsches Bankkonto belasten. Sie kann den Verkauf deiner Immobilie erzwingen. Sie kann sogar einen Vollstreckungsbescheid erwirken - auch wenn du im Ausland lebst.

Es gibt keine Ausrede. Du kannst nicht sagen: „Ich wusste nicht, dass das gilt.“ Die Behörden gehen davon aus, dass du dich informierst. Und wenn du es nicht tust, zahlt der Staat nicht für deine Unwissenheit.

Wie berechnest du deine Steuerlast?

Du brauchst drei Zahlen:

  1. Deine Anschaffungskosten (Kaufpreis + Notarkosten + Renovierungen)
  2. Den aktuellen Verkehrswert (Gutachten vom Immobilienexperten, nicht der Online-Tool-Wert)
  3. Den Zeitpunkt deiner Auswanderung

Der Gewinn = Verkehrswert minus Anschaffungskosten. Multipliziere das mit 26,375 %. Das ist deine Steuer. Beispiel: Kaufpreis 250.000 €, aktueller Wert 700.000 €, Gewinn 450.000 €. Steuer: 118.687,50 €.

Wichtig: Du brauchst ein offizielles Gutachten. Kein Immobilien-Portal, kein Makler, kein Freund, der „weiß, wie viel es wert ist“. Nur ein zertifizierter Sachverständiger, der nach den gesetzlichen Vorgaben arbeitet. Die Finanzbehörde akzeptiert nur solche Gutachten. Und sie prüfen sie streng.

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Wie vermeidest du Fehler?

Die häufigsten Fehler, die Auswanderer machen:

  • Sie warten bis zur letzten Woche. Dann ist es zu spät.
  • Sie verlassen Deutschland, ohne die Steuerresidenz korrekt abzumelden. Das führt zu doppelten Steuerpflichten.
  • Sie nutzen Online-Rechner. Die berücksichtigen keine Renovierungen, keine Kosten, keine Abschreibungen.
  • Sie glauben, dass ein Auswanderungsvertrag mit dem Zielland alles regelt. Das ist falsch. Deutschland besteuert weiterhin deutsche Immobilien.
  • Sie ignorieren die Dokumentationspflicht. Alle Kaufverträge, Gutachten, Mietverträge und Steuerbescheide müssen 10 Jahre aufbewahrt werden - laut Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.06.2023.

Die einzige sichere Methode: Sprich mit einem Steuerberater, der sich auf Auswanderung und Auslandsimmobilien spezialisiert hat. Ein Gutachten kostet 500 bis 1.500 Euro. Das ist nichts gegenüber einer Steuerlast von 100.000 Euro. Und es ist viel billiger als eine Strafzahlung.

Was sagt die Politik?

Die geplante Ausweitung der Wegzugsbesteuerung auf Immobilien ist umstritten. Der Deutsche Steuerberaterverband hält sie für nötig, um Steuerflucht zu verhindern. Die Wirtschaftsprofessoren warnen: Sie treibt Vermögende aus dem Land. Das Institut der deutschen Wirtschaft prognostiziert bis zu 15.000 zusätzliche Immobilienverkäufe pro Jahr - besonders in Großstädten. Das könnte die Preise kurzfristig drücken. Aber langfristig? Es könnte Deutschland als Wohnstandort unattraktiver machen.

Einige Länder haben ähnliche Regeln - aber mit höheren Schwellen. In Frankreich greift die „exit tax“ erst ab einem Nettovermögen von 1,3 Millionen Euro. In der Schweiz und Österreich gibt es sie nicht. Deutschland ist hier eine Ausnahme - und wird es ab 2025 noch mehr sein.

Was kommt danach?

Die Wegzugsbesteuerung wird sich nicht aufhören lassen. Die Europäische Kommission will harmonisierte Regeln für alle EU-Länder. Das bedeutet: Deutschland wird nicht die einzige Ausnahme bleiben. Andere Länder werden nachziehen. Die Regelung ist Teil eines globalen Trends: Kapitalgewinne sollen besteuert werden - egal, ob sie realisiert sind oder nicht. Du kannst das nicht ändern. Aber du kannst dich darauf vorbereiten.

Muss ich meine deutsche Immobilie verkaufen, wenn ich auswandre?

Nein, du musst sie nicht verkaufen. Aber ab 2025 wirst du eine Steuer auf den Wertzuwachs zahlen müssen - selbst wenn du sie behältst und vermietest. Der einzige Weg, diese Steuer zu vermeiden, ist ein Verkauf vor dem Auszug - vorausgesetzt, du hast die Immobilie mindestens drei Jahre selbst genutzt.

Was passiert, wenn ich meine Immobilie nach dem Auszug verkaufe?

Dann fällt die Spekulationssteuer an - es sei denn, du hast die Immobilie mehr als drei Jahre selbst genutzt. Aber: Wenn du sie vor 2025 verkauft hast, fällt die Wegzugsbesteuerung nicht an. Wenn du sie nach 2025 verkaufst, könnte die Wegzugsbesteuerung bereits gezahlt worden sein. Du könntest also doppelt besteuert werden, wenn du nicht richtig dokumentierst. Ein Steuerberater muss das prüfen.

Kann ich die Steuer stunden?

Ab 2025 ist eine Stundung der Wegzugsbesteuerung bei Immobilien nicht mehr automatisch möglich. Für Unternehmensanteile gab es früher eine Stundung - aber auch die ist heute nur noch gegen Sicherheiten möglich. Für Immobilien wird es wahrscheinlich gar keine Stundung mehr geben. Du musst die Steuer sofort zahlen - oder die Immobilie verkaufen.

Beeinflusst die Auswanderung meine Rente?

Nein. Deine gesetzliche Rente wird weiterhin in Deutschland ausgezahlt - und du zahlst darauf Steuern, wenn du in einem Land mit Doppelbesteuerungsabkommen lebst. Deine Immobilie hat damit nichts zu tun. Aber: Wenn du deine Immobilie verkaufst und das Geld als Kapital in eine private Altersvorsorge investierst, könnte das steuerlich interessant sein. Frag deinen Berater.

Welche Dokumente brauche ich?

Du brauchst: den Kaufvertrag, alle Belege für Renovierungen, ein aktuelles Wertgutachten von einem zertifizierten Sachverständigen, den Nachweis der Selbstnutzung (z. B. Meldebescheinigungen), Mietverträge (falls vermietet), und alle Steuerbescheide. Diese Unterlagen musst du 10 Jahre aufbewahren - auch wenn du nicht mehr in Deutschland lebst. Die Finanzbehörde kann sie jederzeit anfordern.