Doppelbesteuerung bei Auslandsimmobilien vermeiden: So nutzen Sie Abkommen richtig
27 November 2025 0 Kommentare Lisa Madlberger

Doppelbesteuerung bei Auslandsimmobilien vermeiden: So nutzen Sie Abkommen richtig

Wenn Sie eine Immobilie im Ausland besitzen, sollten Sie nicht davon ausgehen, dass Sie nur dort Steuern zahlen müssen. Viele Deutsche glauben, dass eine Wohnung in Spanien oder ein Haus in Italien nur in dem Land versteuert wird, wo sie stehen. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Deutschland besteuert Ihr Welteinkommen - also alles, was Sie weltweit verdienen. Das bedeutet: Selbst wenn Sie die Miete aus Ihrer Ferienwohnung in Portugal schon in Portugal versteuert haben, müssen Sie diese Einkünfte auch in Deutschland angeben. Ohne ein richtiges Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) droht Ihnen eine doppelte Belastung - und das kann schnell tausende Euro kosten.

Wie funktioniert ein Doppelbesteuerungsabkommen?

Ein Doppelbesteuerungsabkommen ist ein Vertrag zwischen zwei Ländern, der klarmacht: Wer darf wie viel von welchen Einkünften versteuern? Deutschland hat solche Abkommen mit über 70 Ländern, darunter Spanien, Italien, Österreich, die Schweiz, die Niederlande und viele mehr. Die ersten wurden in den 1950er Jahren geschlossen, heute gibt es mehr als je zuvor. Der Grund ist einfach: Immer mehr Deutsche kaufen Immobilien im Ausland. 2022 waren es schätzungsweise 1,2 Millionen. Ohne diese Abkommen wäre das steuerlich ein Alptraum.

Der zentrale Teil jedes DBA ist Artikel 6. Er sagt klar: Wer eine Immobilie besitzt, die in einem anderen Land liegt, darf von diesem Land besteuert werden. Das ist das Belegenheitsprinzip. Wenn Ihre Wohnung in Mallorca steht, hat Spanien das Recht, die Mieteinnahmen zu besteuern. Deutschland kann das nicht einfach ignorieren - aber es muss sich an die Regeln halten. Und das tut es, indem es die bereits gezahlte ausländische Steuer anrechnet oder die Einkünfte komplett von der deutschen Besteuerung befreit.

Freistellung oder Anrechnung - was ist besser?

Jedes Abkommen entscheidet, wie die Doppelbesteuerung verhindert wird. Es gibt zwei Hauptmethoden: Freistellung und Anrechnung.

Bei der Freistellungsmethode wird das ausländische Mieteinkommen in Deutschland komplett von der Steuer befreit. Das klingt gut - aber es hat einen Haken: Diese Einkünfte zählen trotzdem zum Gesamteinkommen. Sie erhöhen also Ihren Steuersatz für alle anderen Einkünfte in Deutschland. Das nennt man Progressionsvorbehalt. Wenn Sie zum Beispiel 20.000 € Miete aus Spanien haben und sonst 40.000 € Gehalt, wird Ihr gesamtes Einkommen von 60.000 € herangezogen, um Ihren Steuersatz zu berechnen. Die Miete selbst wird nicht besteuert - aber Ihr Gehalt wird höher besteuert, als wenn Sie die Miete nicht hätten.

Bei der Anrechnungsmethode zahlen Sie die Steuer im Ausland und bekommen den Betrag von Ihrer deutschen Steuerschuld abgezogen. Wenn Sie in Spanien 1.500 € Steuer auf Ihre Miete gezahlt haben, werden diese 1.500 € von dem abgezogen, was Sie in Deutschland schulden. Das ist oft einfacher zu verstehen - aber nur, wenn die ausländische Steuer nicht höher ist als die deutsche. Wenn Spanien 19 % nimmt und Deutschland 25 %, zahlen Sie in Deutschland die Differenz. Wenn Spanien 30 % nimmt, zahlen Sie nichts mehr in Deutschland - aber die 11 % Überschuss verfallen. Sie bekommen das Geld nicht zurück.

Die meisten DBAs mit europäischen Ländern nutzen die Anrechnungsmethode. Länder wie die Schweiz oder Österreich haben spezielle Regelungen, die man genau prüfen muss. In manchen Fällen verzichtet Deutschland sogar auf sein Besteuerungsrecht - das ist aber die Ausnahme.

Welche Länder haben kein Abkommen?

Nicht alle Länder haben ein Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland. Zu den wichtigsten fehlenden Partnern gehören die USA, Dubai, Katar und Brasilien. Wenn Sie eine Immobilie in Florida besitzen, gibt es kein DBA. Das bedeutet: Sie zahlen Steuern in den USA - und in Deutschland müssen Sie die Einkünfte trotzdem angeben. Die Anrechnung nach § 34c EStG funktioniert hier nur, wenn Sie die ausländische Steuer nachweisen können. Und das ist oft schwierig. Die US-Steuererklärung ist komplex, die Dokumentation ist anders, und das Finanzamt in Deutschland verlangt oft Übersetzungen und beglaubigte Kopien.

Ein Investor aus Hamburg berichtete auf einer Forum-Plattform, dass er für seine Immobilie in Florida jedes Jahr 15 Stunden aufwenden musste, nur um die Steuererklärung hinzubekommen. Die Anrechnung war nur zu 70 % möglich, weil einige Ausgaben in den USA nicht als abzugsfähig galten. In Deutschland hätten sie das sein können. Das Ergebnis: Er zahlte fast doppelt so viel Steuer, als nötig gewesen wäre.

Zwei Waagschalen mit spanischem Haus und deutscher Steuerbehörde, verbunden durch DBA-Thread.

Was muss ich tun, um das Abkommen richtig zu nutzen?

Es reicht nicht, nur ein Abkommen zu haben. Sie müssen es auch richtig anwenden. Hier sind die fünf wichtigsten Schritte:

  1. Prüfen Sie, ob ein DBA existiert. Gehen Sie auf die Website des Bundesfinanzministeriums und suchen Sie nach dem Land, in dem Ihre Immobilie liegt. Die Liste ist aktuell und kostenlos.
  2. Bestimmen Sie Ihre steuerliche Ansässigkeit. Sind Sie in Deutschland ansässig? Dann gelten die deutschen Regeln. Wenn Sie mehr als 183 Tage im Jahr im Ausland verbringen, könnte das kompliziert werden. In diesem Fall prüft das Abkommen, wo Ihr zentraler Lebensmittelpunkt liegt.
  3. Erklären Sie die Einkünfte in Deutschland. Tragen Sie die ausländischen Mieteinnahmen in der Anlage „Ausland“ Ihrer Einkommensteuererklärung ein. Geben Sie den Bruttobetrag an - nicht den Gewinn.
  4. Legen Sie den ausländischen Steuerbescheid vor. Sie brauchen einen Nachweis, wie viel Steuer Sie im Ausland gezahlt haben. Das ist oft ein Formular, das Ihnen das Finanzamt dort ausstellt. In Spanien ist das die „Modelo 210“. In Italien die „CUD“. Ohne diesen Nachweis gibt es keine Anrechnung.
  5. Bewahren Sie alles 10 Jahre auf. Die Finanzämter können bis zu 10 Jahre rückwirkend prüfen. Speichern Sie alle Belege, Übersetzungen, Mietverträge und Steuerbescheide digital und physisch.

Ein Fehler, den 68 % der Anleger machen: Sie vergessen den Progressionsvorbehalt. Sie denken, weil sie die Miete nicht besteuert bekommen, sei alles in Ordnung. Doch wenn ihr Gehalt dadurch in eine höhere Steuerklasse rutscht, zahlen sie mehr - und das oft viel mehr, als sie durch die Anrechnung sparen.

Was passiert bei der Verkaufsgewinnsteuer?

Wenn Sie Ihre Auslandsimmobilie verkaufen, ist die Lage anders. Hier greift oft eine 10-Jahres-Frist. Wenn Sie die Immobilie länger als 10 Jahre besessen haben und sie nicht gewerblich vermietet haben, ist der Verkauf in Deutschland steuerfrei. Das gilt auch für Immobilien im Ausland. Aber: Nur, wenn das Land, in dem die Immobilie steht, das auch so sieht. In Spanien ist der Verkauf von Privatimmobilien nach zwei Jahren steuerfrei - in Deutschland erst nach zehn. Das kann zu Konflikten führen.

Wenn Sie die Immobilie vor Ablauf der 10 Jahre verkaufen, ist der Gewinn in Deutschland steuerpflichtig. Das Ausland kann den Gewinn ebenfalls besteuern - aber das DBA regelt, wer das Recht dazu hat. Meistens ist es das Land, in dem die Immobilie steht. Die Anrechnung funktioniert hier genauso wie bei Mieteinkünften.

10-Jahres-Kalender mit Haus-Symbol, das von roten Warnungen zu grünen Checkmarks wandert.

Wie viel Zeit und Geld kostet das?

Ein Investor mit einer Immobilie in Italien rechnet mit etwa 8,5 Stunden pro Jahr für die Steuererklärung. Das ist Zeit, die man nicht unterschätzen sollte. Die meisten machen Fehler bei der Dokumentation - besonders bei den Ausgaben. In Deutschland können Sie Renovierungen, Versicherungen und sogar Reisekosten zur Besichtigung absetzen. In Spanien ist das anders. Sie müssen zwei separate Buchhaltungen führen - eine nach deutschem, eine nach ausländischem Recht.

Professionelle Hilfe kostet zwischen 250 und 800 Euro pro Jahr. Das klingt viel - aber es ist ein Investment. Wer einen Fehler macht, riskiert Nachzahlungen, Zinsen und Strafen. Die Deutsche Steuerberaterkammer sagt: 78 % der Befragten haben kein Verständnis für die DBAs. Das ist kein Mangel an Intelligenz - das ist ein Mangel an klaren Informationen.

Was ändert sich in Zukunft?

Seit 2022 gibt es das Multilaterale Instrument (MLI), das viele bestehende Abkommen anpasst. Es soll Steuerumgehung verhindern - aber es macht die Regeln komplexer. Die OECD prognostiziert, dass bis 2025 über 90 % der deutschen Auslandsimmobilien durch DBAs abgedeckt sein werden. Das ist gut. Aber die Unterschiede zwischen den Abkommen werden nicht kleiner. Ein Abkommen mit Indonesien, das gerade verhandelt wird, könnte ganz andere Regeln haben als das mit Spanien.

Die EU-Richtlinie zum automatischen Informationsaustausch (CRS) macht es noch wichtiger, alles korrekt zu machen. Seit 2016 tauschen die Finanzämter automatisch Daten aus. Ihr spanisches Finanzamt weiß, dass Sie in Deutschland leben. Und Ihr deutsches Finanzamt weiß, wie viel Miete Sie in Spanien kassieren. Es gibt keine Geheimnisse mehr. Wer versucht, etwas zu verstecken, wird erwischt - und dann zahlt man nicht nur die Steuern, sondern auch hohe Strafen.

Die Zukunft ist transparent - und das ist gut. Aber nur, wenn man sich darauf vorbereitet. Wer heute nicht weiß, wie sein DBA funktioniert, wird morgen teuer dafür bezahlen.