Wenn Sie eine Immobilie kaufen, zahlen Sie einen Preis - aber was genau kaufen Sie eigentlich? Nicht nur ein Haus oder eine Wohnung. Sie kaufen Grund und Boden und dazu ein Gebäude. Und das ist entscheidend, denn nur das Gebäude kann steuerlich abgeschrieben werden. Der Boden bleibt unverändert, verliert keine Wertigkeit, und deshalb wird er nicht abgeschrieben. Wer das nicht versteht, verliert Tausende Euro an jährlichen Steuervorteilen - und das über Jahrzehnte.
Warum die Aufteilung so wichtig ist
Stellen Sie sich vor, Sie kaufen eine Wohnung für 850.000 Euro. Das Finanzamt setzt automatisch 63% auf den Boden und nur 37% auf das Gebäude - das ist der Standard, wenn nichts anderes im Vertrag steht. Dann können Sie nur 314.500 Euro abschreiben. Bei 2% jährlicher Abschreibung sind das gerade mal 6.290 Euro pro Jahr. Aber wenn Sie den Gebäudewert auf 55% erhöhen - also 467.500 Euro - dann sind es 9.350 Euro jährlich. Das sind fast 3.000 Euro mehr pro Jahr. Über 50 Jahre sind das mehr als 150.000 Euro an zusätzlichen Abschreibungen. Kein Wunder, dass Steuerberater sagen: „Die Aufteilung ist der wichtigste Schritt nach dem Kaufvertrag.“Wie wird die Aufteilung richtig gemacht?
Es gibt nur eine zulässige Methode: Der Bodenwert und der Gebäudewert müssen gesondert ermittelt werden. Das Finanzamt darf nicht einfach den Kaufpreis nehmen und den Boden als Restwert berechnen - das ist verboten. Der Bundesfinanzhof hat das 2022 klar gestellt: Der Bodenwert muss anhand von Bodenrichtwerten, Lage, Größe und Nutzung ermittelt werden. Der Gebäudewert ergibt sich dann aus der Differenz zum Kaufpreis.Die Bodenrichtwerte finden Sie bei Ihrem Gemeindeamt oder online. In Graz sind sie öffentlich einsehbar - 98% aller deutschen Kommunen machen das so. Aber Achtung: Der Richtwert ist nur ein Durchschnittswert. Ein Grundstück am Schlossberg hat einen anderen Wert als eines am Stadtrand. Deshalb reicht ein einfacher Vergleich oft nicht aus.
Der entscheidende Trick: Der Kaufvertrag
Hier liegt der Schlüssel: Die Aufteilung muss im notariellen Kaufvertrag festgehalten werden. Wenn Sie das nicht tun, greift die BMF-Arbeitshilfe - ein Standardtool, das das Finanzamt benutzt. Und das ist meist ungünstig für Sie. Die Behörden neigen dazu, höhere Bodenwerte anzusetzen, weil sie Angst vor Missbrauch haben. Aber wenn Sie im Vertrag eine Aufteilung vereinbaren, die nahe am Marktwert liegt, akzeptieren sie das.Ein wichtiger Schutz: Die 10%-Grenze. Wenn Ihre vertragliche Aufteilung nicht mehr als 10% vom Gutachtenwert abweicht, ist sie unangreifbar. Das hat das Finanzgericht München 2024 klargestellt. Ein Beispiel: Der Gutachter sagt, der Boden ist 60% wert. Sie vereinbaren 65% - das ist in Ordnung. Sie vereinbaren 72% - das ist riskant. Dann muss das Finanzamt prüfen, ob Ihre Angabe wirtschaftlich haltbar ist. Und das kostet Zeit, Geld und Nerven.
Was passiert, wenn Sie nichts tun?
Viele Käufer denken: „Ich mache das später mit dem Steuerberater.“ Das ist ein Fehler. Im Jahr 2024 hat eine Umfrage von immobilienverkauf.org ergeben: 68% der Käufer haben die Aufteilung erst nach dem Kauf mit dem Finanzamt geklärt. Das führt zu Verzögerungen - durchschnittlich 4,7 Monate - bei der Steuererklärung. Und oft wird dann ein ungünstiger Wert angenommen. Sie haben dann keinen Spielraum mehr. Der Vertrag ist unterschrieben, die Kaufpreisverteilung steht fest. Und das Finanzamt sagt: „So ist es jetzt.“Ein echter Fall aus Münster: Ein Investor kaufte ein Mehrfamilienhaus für 2,4 Millionen Euro. Im Vertrag stand: 400.000 Euro für den Boden, 2 Millionen für das Gebäude. Das Finanzamt akzeptierte das - weil der Gutachter einen Bodenwert von 380.000 Euro ermittelt hatte. Die Abweichung war unter 10%. Kein Problem.
Ein anderer Fall: Ein Käufer vereinbarte 30% Bodenanteil, der Gutachter sah 42%. Abweichung: 12%. Das Finanzamt lehnte ab. Die Aufteilung wurde korrigiert - mit weniger Abschreibung, mehr Steuer. Das kostete den Käufer über 10.000 Euro in den ersten fünf Jahren.
Wie viel kostet eine professionelle Aufteilung?
Ein Gutachten zur Kaufpreisaufteilung kostet zwischen 350 und 1.200 Euro - je nach Immobilienwert und Komplexität. Das klingt viel, ist aber eine Investition. Bei einem Kaufpreis von 500.000 Euro und einer Aufteilung von 50% Gebäude (statt 37%) sparen Sie 1.300 Euro jährlich. In drei Jahren haben Sie die Kosten wieder reingeholt. Danach ist es reiner Gewinn.Einige Steuerberater bieten auch Pauschalpakete an: Kaufvertrag prüfen, Gutachten beauftragen, Aufteilung im Vertrag formulieren - alles in einem. Das lohnt sich, besonders wenn Sie zum ersten Mal investieren.
Typische Fehler - und wie Sie sie vermeiden
- Fehler 1: Sie verlassen sich auf den Verkäufer. Der hat kein Interesse an einer hohen Gebäudewert-Aufteilung - er will nur verkaufen. Lassen Sie sich nicht von ihm beraten.
- Fehler 2: Sie ignorieren regionale Unterschiede. In Wien oder München ist der Bodenanteil oft über 70%. In ländlichen Regionen liegt er bei 40-50%. Ihr Gutachter muss das wissen.
- Fehler 3: Sie vergessen die Fläche. Ein Grundstück von 800 m² ist nicht gleich 800 m² - wenn es uneben ist, mit Baumwurzeln, oder in einer Schutzzone liegt. Das beeinflusst den Wert.
- Fehler 4: Sie warten zu lange. Die Aufteilung muss im Kaufvertrag stehen - nicht danach. Nachträglich zu ändern ist fast unmöglich.
Was passiert bei Neubauten?
Bei Neubauten ist es einfacher: Der Bodenwert ist klar, der Gebäudewert ist der Baukostenanteil. Aber auch hier gilt: Der Vertrag muss die Aufteilung enthalten. Viele Bauträger geben nur einen Gesamtpreis an. Sie müssen darauf bestehen, dass der Kaufvertrag die Werte trennt. Sonst geht das Finanzamt von 60-70% Bodenanteil aus - und das ist zu viel.Ein Beispiel: Sie bauen ein Einfamilienhaus für 700.000 Euro. Der Boden kostet 200.000 Euro, der Bau 500.000 Euro. Dann können Sie 500.000 Euro abschreiben - das sind 10.000 Euro pro Jahr. Wenn der Vertrag nur „Gesamtkaufpreis 700.000 Euro“ steht, setzt das Finanzamt 65% Boden - und Sie verlieren 3.000 Euro Abschreibung pro Jahr.
Die Zukunft: Wird das noch strenger?
Die Bundesfinanzministerin hat im Dezember 2024 gewarnt: Wenn Missbrauch zunimmt, wird nachgeschärft. Aktuell liegt die Missbrauchsquote bei 4,2% - das ist niedrig. Aber die Zahl der Streitigkeiten ist 2023 um 18,7% gestiegen. Die Finanzämter werden also genauer prüfen. Das bedeutet: Wer jetzt richtig macht, hat später keine Probleme. Wer sich auf „ich hoffe, das reicht“ verlässt, riskiert Korrekturen, Nachzahlungen und Strafen.Experten wie Prof. Dr. Christian Wolf von der Universität Frankfurt sagen: Die Grundregel - „nur Gebäude abschreiben“ - bleibt. Solange das so ist, wird die Kaufpreisaufteilung auch in zehn Jahren noch wichtig sein. Es ist kein kurzfristiger Trick. Es ist eine langfristige Steuerstrategie.
Was Sie jetzt tun müssen
- Bevor Sie unterschreiben: Fordern Sie vom Verkäufer die Bodenrichtwerte an.
- Beauftragen Sie einen Steuerberater oder Gutachter - nicht später, sondern jetzt.
- Stellen Sie sicher: Die Aufteilung steht im Kaufvertrag - mit Zahlen, nicht mit „nach Gutachten“.
- Prüfen Sie: Ist die Abweichung zum Gutachten unter 10%? Wenn ja, ist Ihre Aufteilung sicher.
- Halten Sie alle Unterlagen - Gutachten, Kaufvertrag, Bodenrichtwertauskunft - mindestens zehn Jahre.
Es geht nicht darum, Steuern zu hinterziehen. Es geht darum, das Gesetz richtig zu nutzen. Der Staat will, dass Sie Gebäude instand halten - deshalb gibt es die Abschreibung. Wenn Sie das Gebäude wertvoll halten, verdient auch der Staat langfristig. Nutzen Sie das Gesetz - nicht gegen ihn, sondern mit ihm.
Kann ich die Kaufpreisaufteilung nachträglich ändern?
Nein, nicht ohne großen Aufwand. Wenn der Kaufvertrag unterschrieben ist und die Aufteilung nicht enthalten ist, können Sie sie nicht einfach nachträglich ändern. Das Finanzamt akzeptiert nur die Angaben aus dem Vertrag. Eine spätere Korrektur ist nur möglich, wenn das Finanzamt einen Fehler feststellt - und das passiert selten. Deshalb: Alles im Vertrag regeln, bevor Sie unterschreiben.
Ist die Aufteilung auch für Eigentumswohnungen wichtig?
Ja, absolut. Auch bei Eigentumswohnungen wird der Kaufpreis in Grund und Gebäude aufgeteilt. Der Anteil des gemeinsamen Grundstücks wird auf alle Eigentümer verteilt. Wenn Sie eine Wohnung in einem Altbau kaufen, kann der Bodenanteil leicht über 60% liegen - das reduziert Ihre Abschreibung stark. Ein Gutachten ist hier besonders wichtig, weil die Aufteilung oft unklar ist.
Was passiert, wenn ich die Immobilie später verkaufe?
Der verkauften Preis wird ebenfalls in Grund und Gebäude aufgeteilt - und zwar nach den gleichen Regeln wie beim Kauf. Die Abschreibungen, die Sie in den Jahren genommen haben, verringern den steuerlichen Gewinn. Wenn Sie viel abgeschrieben haben, ist der Gewinn höher - aber das ist normal. Die Aufteilung beeinflusst nur, wie viel Sie abgeschrieben haben - nicht, ob Sie Steuern zahlen müssen. Sie müssen nur darauf achten, dass die Aufteilung beim Verkauf konsistent zur Kaufaufteilung ist.
Kann ich die Aufteilung selbst berechnen?
Sie können die Bodenrichtwerte recherchieren und grob abschätzen - aber eine rechtssichere Aufteilung braucht ein Gutachten. Nur ein Sachverständiger kann die tatsächlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten belegen - Lage, Nutzung, Bodenqualität, Bauweise. Selbst wenn Sie einen Wert berechnen, akzeptiert das Finanzamt ihn nur, wenn er von einem anerkannten Gutachter bestätigt wird. Probieren Sie es nicht allein - das ist zu riskant.
Welche Dokumente brauche ich für das Finanzamt?
Sie brauchen: den Kaufvertrag mit der Aufteilung, das Gutachten zur Kaufpreisaufteilung, die Bodenrichtwertauskunft der Gemeinde, und ggf. einen Bauplan oder eine Baubeschreibung. Alle Dokumente sollten Sie mindestens zehn Jahre aufbewahren. Das Finanzamt kann bis zu zehn Jahre nach der Steuererklärung nachfragen - besonders bei Immobilien. Halten Sie alles bereit.
Gisela De Leon
Diese ganzen Steuertricks sind doch nur für Reiche gemacht. Wer kein Geld hat, kann sich nicht mal ein Gutachten leisten. Die Armen zahlen weiterhin mehr, während die Reichen ihre Immobilien mit Papierkram schützen.
Dezember 12, 2025 AT 15:11