Ein denkmalgeschütztes Haus zu besitzen klingt romantisch - alte Ziegel, hohe Decken, historische Details. Doch wer schon einmal versucht hat, eine neue Fensterbank einzubauen, eine Wärmedämmung anzubringen oder einen Fahrstuhl zu installieren, weiß: Der Denkmalschutz kann zur Belastung werden. Viele Eigentümer fragen sich: Denkmalschutzbefreiung beantragen - lohnt sich das wirklich?
Was ist eine Denkmalschutzbefreiung?
Die Denkmalschutzbefreiung ist kein einfacher Antrag, sondern ein rechtlicher Prozess, bei dem ein Eigentümer die offizielle Aufhebung des Denkmalschutzstatus für sein Gebäude beantragt. Das bedeutet: Das Haus ist danach kein Kulturdenkmal mehr. Keine Restriktionen mehr bei Sanierungen, keine Genehmigungen für neue Türen, keine Vorgaben zur Farbe der Fassade. Klingt verlockend. Doch es gibt einen Haken: Mit dem Verlust des Schutzstatus verlieren Sie auch alle finanziellen Vorteile.
In Deutschland ist der Denkmalschutz nicht bundeseinheitlich geregelt. Jedes Bundesland hat sein eigenes Denkmalschutzgesetz. Die Umsetzung erfolgt durch die Unteren Denkmalschutzbehörden - das sind die Ämter in Ihren Landkreisen oder kreisfreien Städten. Sie entscheiden, ob ein Gebäude geschützt ist, und ob ein Antrag auf Befreiung genehmigt wird. Keine zentrale Behörde, kein einheitlicher Standard. Das führt zu großen Unterschieden in der Praxis.
Warum wollen Eigentümer die Befreiung beantragen?
Die Gründe sind oft wirtschaftlich. Ein denkmalgeschütztes Haus ist teuer zu sanieren. Alte Fenster müssen nachgebaut werden - nicht einfach aus dem Baumarkt. Die Fassade darf nicht gedämmt werden, wenn das Originalmaterial nicht mit Dämmstoffen verträglich ist. Ein moderner Fahrstuhl? Nur, wenn er optisch unsichtbar bleibt. Ein neuer Kamin? Nur, wenn er dem historischen Vorbild entspricht.
Dazu kommt: Die steuerlichen Vorteile fallen weg. Wer ein denkmalgeschütztes Gebäude saniert, kann eine Sonder-AfA (Sonderabschreibung) von 9 Prozent pro Jahr über zehn Jahre geltend machen. Das sind bis zu 90 Prozent der Sanierungskosten, die steuerlich abgesetzt werden können. Ohne Denkmalschutz? Keine Sonder-AfA. Keine Fördermittel von der KfW. Keine Zuschüsse von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Plötzlich kostet eine Sanierung doppelt so viel - und bringt keine Steuervorteile.
Wann ist eine Befreiung möglich?
Die rechtliche Hürde ist hoch. Es gibt nur einen einzigen anerkannten Grund: denkmalbedingte Unrentabilität. Das bedeutet: Das Gebäude bringt so wenig Miete oder Nutzen ein, dass die Sanierungskosten den Ertrag übersteigen - und das über mehrere Jahre hinweg.
Die Behörden prüfen, ob in mindestens zwei von drei Jahren ein Verlust entstanden ist. Sie vergleichen den Rohertrag (Mieteinnahmen, Nutzen) mit den üblichen Ausgaben (Instandhaltung, Steuern, Versicherung, Sanierungskosten). Klingt logisch? In der Praxis nicht immer. Ein Eigentümer in München bekommt die Befreiung, weil seine Sanierungskosten 30.000 Euro pro Jahr betragen und die Miete nur 18.000 Euro bringt. Ein Nachbar in der gleichen Straße, mit exakt gleichem Haus, bekommt die Befreiung abgelehnt - weil die Behörde meint, die Miete könnte höher sein, wenn er die Fenster modernisiert. Kein Gesetz, kein einheitlicher Maßstab. Nur Behördenwillkür.
Die Schritte zum Antrag
Wenn Sie ernsthaft überlegen, eine Denkmalschutzbefreiung zu beantragen, dann gehen Sie strukturiert vor. Hier ist, was wirklich zählt:
- Kontaktieren Sie die Untere Denkmalschutzbehörde. Nicht per E-Mail. Nicht über das Portal. Sprechen Sie persönlich mit dem zuständigen Gebietsreferenten. Viele Anträge scheitern schon hier, weil der Eigentümer den falschen Ansprechpartner hat.
- Erstellen Sie eine detaillierte wirtschaftliche Analyse. Sammeln Sie die letzten drei Jahre: Mieteinnahmen, Steuern, Versicherungen, Reparaturen, Sanierungskosten. Dokumentieren Sie jeden Cent. Ein Steuerberater kann helfen - aber nur, wenn er Erfahrung mit Denkmalschutz hat.
- Reichen Sie den offiziellen Antrag ein. Die Formulare heißen oft „Antrag auf Abweichung/Ausnahme/Befreiung“. Sie finden sie auf der Website Ihres Landkreises. In Stendal, in Bayern, in Hamburg - alle haben eigene Formulare. Nutzen Sie nicht das von einem Nachbarn.
- Warten Sie - und bereiten Sie sich auf Widerstand vor. Die Behörde prüft den Antrag, kann bis zu sechs Monate brauchen. In der Zeit können Sie nichts tun. Keine Sanierung, kein Abriss, keine Veränderung. Und: Sie müssen bereit sein, gerichtlich zu ziehen. Viele Anträge werden abgelehnt - und dann geht es vor Gericht.
Was kostet es, wenn Sie scheitern?
Ein abgelehnter Antrag ist nicht das Ende. Aber er ist teuer. Sie haben Zeit verloren. Sie haben Geld für Gutachter, Steuerberater, Anwälte ausgegeben. Und Sie haben keine Möglichkeit mehr, Fördermittel zu beantragen - denn die meisten Förderprogramme verlangen, dass das Denkmal noch geschützt ist.
Die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bietet jährlich Fördermittel an - bis zum 31. August können Sie einen Antrag stellen, die Entscheidung kommt im Frühjahr des nächsten Jahres. Wenn Sie im Februar 2026 einen Befreiungsantrag stellen und er abgelehnt wird, haben Sie die Förderfrist verpasst. Und das Haus bleibt geschützt. Mit all seinen Einschränkungen.
Alternativen zur Befreiung
Bevor Sie den Antrag stellen, fragen Sie sich: Gibt es eine andere Lösung?
- Fördermittel nutzen: KfW-Förderung, Stiftung Denkmalschutz, lokale Zuschüsse - die Summen können bis zu 50 Prozent der Sanierungskosten decken.
- Teilweise Befreiung: Manchmal reicht es, nur eine Maßnahme zu beantragen - etwa eine Wärmedämmung an der Rückseite des Hauses, die nicht sichtbar ist. Die Behörde gewährt oft Ausnahmen, wenn sie denkmalrechtlich vertretbar sind.
- Modernisierung im Rahmen: Neue Fenster? Ja, wenn sie das Aussehen des Originals nachahmen. Photovoltaik? Ja, wenn sie auf dem Dach versteckt werden. Ein Fahrstuhl? Ja, wenn er in einem Nebengebäude oder im Innenhof installiert wird.
Die meisten Eigentümer, die die Befreiung beantragen, tun es aus Verzweiflung. Aber die Erfahrung zeigt: Wer mit der Behörde zusammenarbeitet, statt gegen sie, kommt weiter. Ein Architekt, der Erfahrung mit Denkmalschutz hat, kann oft Lösungen finden, die Sie gar nicht kennen.
Regionale Unterschiede - ein Faktor, den Sie nicht ignorieren dürfen
Ein Haus in Berlin kann anders behandelt werden als ein identisches Haus in Leipzig. Ein Antrag in Köln wird anders bewertet als in Bonn. Die Behörden haben unterschiedliche Auffassungen davon, was „unrentabel“ bedeutet. Einige sind streng, andere großzügig. Einige verlangen detaillierte Buchhaltung, andere akzeptieren eine grobe Schätzung.
Das ist ungerecht. Und es ist rechtlich riskant. Wenn Sie in einer Region mit strenger Praxis leben, aber Ihre Nachbarn in der gleichen Straße die Befreiung bekommen haben - dann ist das kein Zufall. Dann ist es Wahrscheinlichkeit. Und dann sollten Sie einen Anwalt einschalten. Die Rechtsprechung hat bereits mehrfach entschieden: Wenn zwei gleichartige Fälle unterschiedlich behandelt werden, ist das rechtswidrig.
Was passiert nach der Befreiung?
Wenn Ihr Antrag genehmigt wird, ist das Haus kein Denkmal mehr. Sie können es umbauen, abreißen, verkaufen - ohne Genehmigung. Aber: Die steuerlichen Vorteile sind weg. Die Fördermittel sind weg. Und Sie können nie wieder einen Antrag auf Denkmalschutz stellen. Das ist endgültig.
Und: Der neue Eigentümer weiß nicht, dass das Haus einmal geschützt war. Keine Plakette, keine Dokumentation. Es ist einfach ein altes Haus - mit allen Problemen, die alte Häuser haben. Und ohne die finanzielle Unterstützung, die es damals hatte.
Entscheiden Sie sich bewusst
Die Denkmalschutzbefreiung ist kein Werkzeug, um Sanierungskosten zu sparen. Sie ist ein letzter Ausweg - wenn alles andere gescheitert ist. Die meisten Eigentümer, die sie beantragen, bereuen es später. Sie haben die Fördermittel verloren, die Zeit verloren, und am Ende ist das Haus immer noch teuer zu halten - nur ohne Unterstützung.
Wenn Sie denken, dass Ihre Sanierung nicht mehr finanzierbar ist: Suchen Sie Hilfe. Beim Landesamt für Denkmalpflege. Bei der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Bei einem Architekten, der speziell auf Denkmalschutz spezialisiert ist. Vielleicht gibt es eine Lösung, die Sie noch nicht kennen.
Und wenn Sie wirklich keine andere Wahl haben: Dokumentieren Sie alles. Reden Sie mit der Behörde. Machen Sie sich bereit für ein langwieriges Verfahren. Und wissen Sie: Sie sind nicht allein. Tausende Eigentümer stehen vor demselben Dilemma. Die Frage ist nicht, ob Sie die Befreiung bekommen. Die Frage ist: Können Sie sich den Preis leisten, den sie kostet?
Kann ich eine Denkmalschutzbefreiung einfach so beantragen?
Nein. Eine Denkmalschutzbefreiung kann nur beantragt werden, wenn die denkmalbedingte Unrentabilität nachgewiesen ist - also wenn das Gebäude über mindestens zwei von drei Jahren hinweg wirtschaftlich nicht tragfähig ist. Es gibt keine einfachen Wege oder Standardgründe.
Was passiert mit den Fördermitteln, wenn ich die Befreiung bekomme?
Sie verlieren alle Fördermittel: Die KfW-Zuschüsse, die Sonder-AfA von 9 Prozent pro Jahr, Zuschüsse der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und lokale Förderprogramme. Diese Vorteile sind an den Denkmalschutzstatus gebunden - und fallen mit ihm weg.
Wie lange dauert der Antrag auf Denkmalschutzbefreiung?
Der Prozess dauert in der Regel zwischen drei und sechs Monaten. In komplexen Fällen oder bei Widerspruch kann er bis zu einem Jahr oder länger dauern. Währenddessen dürfen Sie keine baulichen Veränderungen vornehmen.
Kann ich nach der Befreiung das Gebäude wieder als Denkmal einstufen lassen?
Nein. Die Aufhebung des Denkmalschutzstatus ist endgültig. Sobald die Befreiung wirksam ist, können Sie das Gebäude nicht erneut unter Denkmalschutz stellen - auch nicht, wenn Sie es später sanieren oder restaurieren.
Warum werden manche Anträge abgelehnt, obwohl die Zahlen passen?
Weil die Behörden unterschiedliche Maßstäbe anlegen. Einige verlangen detaillierte Buchhaltung, andere akzeptieren Schätzungen. Einige sehen Potenzial für höhere Mieten, andere nicht. Das führt zu ungleicher Behandlung - und oft zu Gerichtsverfahren, wenn Eigentümer sich ungerecht behandelt fühlen.
Ist es sinnvoll, einen Anwalt einzuschalten?
Ja, wenn Ihr Antrag abgelehnt wird und Sie glauben, dass die Entscheidung rechtswidrig ist. Gerichtliche Verfahren sind teuer, aber notwendig, wenn es um gleiche Behandlung geht. Viele Anwälte arbeiten mit spezialisierten Gutachtern, die die Unrentabilität nachweisen können.